Ich bin einmal...

Hier geht es um mich. Und es gibt viel zu lesen. Seit Jahren schreibe ich über das, was mich umgibt. Ich mache das für mich, um mich zu erinnern und zu reflektieren. Vieles liest sich nach ein paar Jahren völlig anders, als ich es über Bilder oder Videos einfangen könnte. Meine Wahrnehmung verändert sich Tag für Tag. Meine Gedanken kann kein Medium per Knopfdruck einfangen, es sei denn, ich spreche es aus. Aber ist das, was ich schreibe auch das, was ich denke? Eigentlich ist auch das nur meine Interpretation. Aber ich finde es selbst immer spanndender zu lesen, wie sich etwas damals angefühlt hat, als Bilder zu betrachten. Ein Foto suggeriert "Schau mal, so schön war es da, nachdem ich alles Unsehenswerte aus dem Bildformat verbannt habe". Jemand Anderer fühlt ohne die Geschichte vielleicht gähnende Langeweile, weil es nur die Urlaubsbilder eines Anderen sind. Ich habe gemerkt, dass eine Geschichte - und sei es, dass es nur drei Sätze sind - ein Bild lebendig bleiben lässt. Schöne Bilder allein gibt es überall. Irgendeiner hats vor mir sicherlich schon abgelichtet, wahrscheinlich sogar deutlich besser, vor allem besser nachbearbeitet, gefiltert oder KI-gerendert. Die Realität auf einer Wanderung ist kein produzierter Landschaftsbericht. Jede produzierte Story beschränkt sich häufig auf überkontrastierte, erwartbare Motive.
Am Anfang einer Reise ist es immer eine Art Zwang anzufangen mit dem Schreiben; ein Stück lästige Arbeit irgendwie, vor allem dann, wenn die Gegend oder der Tag vermeintlich nichts zu bieten hatte, das es sich lohnt aufzuschreiben. Aber das ist ein Trugschluss. Alles brigt schreibenswerte Dinge. Manchmal braucht es etwas Abstand, bevor es gewahr wird. Ich überwinde mich daher täglich, doch zu schreiben. Es wird damit Teil der meiner Hygienerituale. Es ist das tägliche mentale Zähneputzen. Ich sammle während des Tages Gedankenbakterien, die sich vermehren und lasse mich darauf ein, meinen Kopf schriftlich davon zu befreien. Das macht dann richtig Spaß. Sogar die Nächte werden ruhiger. Und es ist immer ein schönes Gefühl, wenn jemand mitliest.
Was bleibt ist eine niedergeschriebene Empfindung, die die damalige Zeit, intensiver als jede Ablichtung es könnte, für mich wiederbelebt. Und vielleicht gelingt es hin und wieder auch, dass jemand, der es durch meinen Blickwinkel liest, das gleiche Gefühl empfindet, ohne überhaupt da gewesen zu sein und über die vielen kleinen Geschichten erkennt, wer ich einmal war und bin.