19.05.2025 Auschecken | ᐸ ᐳ ᐱ |

Yaser holt mich um 12 Uhr ab, um mich nach Amman zu bringen, auschecken sozusagen. Er hat fette Honigmelonen dabei, die wir auf halber Strecke auf dem Seitenstreifen des Highways verspeisen. Wenn ich in Jordanien bin, hätte ich jetzt einen Bruder, meint er. Ich darf ihn immer anrufen. Das höre ich oft. Aber ich bin nach der kurzen Zeit hier überzeugt, dass das keine Floskel ist. Das klingt aus deutscher Perspektive natürlich inflationär. Ich glaube, ohne die Kultur hier zu kennen, wirkt so eine Aussage lächerlich anbiedernd. Sinn macht es, wenn man begreift, welchen Stellenwert in diesem Land Hilfs- und Gastfreundschaft hat. Das ganze Land hält sich so seit Jahrhunderten zusammen. Der Eigennutz dabei... naja... irgendwann braucht man selber mal Hilfe bei etwas, das man nicht alleine kann. Die Autobahncheckpoints beispielsweise. Alle Soldaten und Polizisten kennen Yaser hier. Wir werden grinsend durchgewunken. Yaser bringt dann halt auch mal Cola und Zigaretten vorbei, während wir die Posten passieren. Nicht als Bestechung, alles wird bezahlt. Mehr deswegen, weil Yaser ja ständig an den Blechkiosken hier vorbeifährt. Ist doch praktisch. Am Ende aber vielleicht auch, um ein guter Muslim gewesen zu sein am Ende aller Tage?!
Ich komme noch einmal im Amman West unter und werde sofort wiedererkannt. Kein Booking, also Special Price. Nehm ich. Ich möchte noch schnell zur Jordan Trail Organisation hier um die Ecke, um die fehlenden Stempel ergänzen zu lassen. Ich werde sehr freudig empfangen und so berichten und Feedback geben, was ich auch mache. Im Herbst wird ein sogenannter Thru-Hike organisiert, bei dem, der ganze Trail unter der Leitung von Guides durchmarschiert wird. Dafür soll die Strecke noch einmal auf Vordermann gebracht werden. Die wenigen Markierungen, die einen ohne GPS verloren dastehen lassen, erwähne ich besonders. Vielleicht ändert sich ja etwas bis nächstes Jahr.
Und nun? Ein bisschen Amman kennen lernen. Hier steht auch ein großes Theater, ähnlich wie in Umm Qais. Das wäre doch ein guter Abschluss für dieses erste Drittel. Das Hotel bucht mir ein Uber für 2,5 JD, das mich 5 Kilometer weiter in die Innenstadt bringt. Amman ist echt nicht schön. Es ist voll, Verkehrszeichen und ohne nennenswertes Grün. Es stinkt stark nach Abgasen. Das Theater selbst ist ein imposanter Bau, der auch heute noch für 6000 Leute Platz bietet und regelmäßig für Aufführungen genutzt wird. Gleich nebenan liegt das mit 500 Plätzen deutlich kleinere Odeon Theater, das nahezu vollständig erhalten ist. Der Platz vor den beiden Stätten bietet mal sodass wie Lebensraum hier, auch mal ne Bank im Schatten zum Hinsetzen. Die besten Sitzgelegenheiten im Land sind ansonsten eher Steine unter Bäumen. Neben dem Theater reihen sich Flohmarktshops aneinander, die irgendwie spannendes, nutzloses Zeug anbieten. Ich entdecke einen Laden, der sich auf Geldscheine spezialisiert hat. Uuuuh, da werde ich weich und lasse mich einlullen. Ich will ein paar Scheinchen aus dem nahen Osten für meine Sammlung haben und werde sehr fündig… zur Freude des Händlers, der mich immer tiefer in seinen Laden hinein bittet. Ich bin in Feilschlaune. Er auch. Es kommt ein Preis dabei heraus, der mich zufrieden stimmt. Ich vermute, seine Marge liegt bei 1000%, auch wenn ich sein Anfangsangebot auf die Hälfte drücken konnte. Es kam mir auf nichts an. Dreimal bin ich zum Gehen aufgestanden. So viel Desinteresse muss mit Gegenangeboten behandelt werden. Jetzt besitze ich einen Umschlag mit alten Dinar-Gelddcheinen aus dem Irak, Syrien, Jordanien, aber auch Jemen usw. Die sind alle noch gültig, stelle ich fest, auch wenn Assad oder Hussein auf den Scheinen prangen. Na dann haben die Dinger ja einen gewissen Gegenwert.
Zurück will ich mich zu Fuß durch die Gassen schlängeln und sehen, wie hier so alltagsgelebt wird. Die imposante Jordanienflagge überspannt das Häusermeer und weht surreal langsam im aufkommenden Wind. Das ist vielleicht‘n Pimmel. Sieht nah aus, ist er aber nicht. Vielleicht ein Ziel für meinen nächsten Besuch.
Das Durchschlängeln frei Schnauze ist nicht einfach, ich habe aber kein Internet dabei und muss mich auf meine Orientierung verlassen. Immer wieder muss man Bergkämme über unverzeichnete Treppen in steilen Gassen passieren, bis ich schließlich, ohne es zu ahnen, mitten im Diplomatenviertel hinter meinem Hotel stehe. Da sollte ich eigentlich nicht sein und ein Soldat stellt mich zur Rede. Ich habe aber nicht viel zu sagen, außer dass ich eine dieser Treppen hochgekommen bin, die offensichtlich vergessen wurde abzusperren und er lässt mich passieren. Effektiver Sperrbereich. 3 Stunden dauert mein Trip. Das warn 10 ungeplante Kilometer, auf die mein Körper mit deutlicher Unlust reagiert. Ich bin hundemüde. Der morgige Tag muss noch organisiert werden und ich muss früh los. Den Bus nehme ich dafür sicherlich nicht. Ich muss mich auf die Abfahrt verlassen können, aber am 4th Circle gibt’s ja nicht mal ne Bushaltestelle. Der Kreisverkehr ist riesig und hecktisch. Wo soll ich denn da stehen Und hoffen. Auch im Hotel ist man auf Nachfrage hin skeptisch. Nahverkehr heißt nunmal Taxi hier, das habe ich begriffen.