Sendero Circular de El Hierro

17.04.2024 San Andrés

  

Gut schlafen kann man in der Höhle, während das Meer rauscht draußen vor sich hinrauscht. Es ist 8 Uhr. Frances und Leander sind noch nicht wach. Ich gehe einmal hinauf, raus aus dem Tal der Ahnungslosen, um ein bisschen Internet zu bekommen zur weiteren Wegesplanung. Heute geht es hinauf. Etwa 600 Höhenmeter entlang des Sendero Circular, bis er sich schließlich in San Andrés auf 1100 Höhenmetern mit dem GR 131 kreutzt. Dorthin beordere ich mein Servicemobil, um wieder zurück nach Pozo zu kehren. Beginnen werde ich, wo ich gestern in Richtung Pozo abgestiegen bin. Mit so einem Auto kann man durchaus flexibel bei der Wegfindung werden, sodass Gewaltmärsche ausbleiben können. Mit meiner Sehne würde ich mich das derzeit sowieso nicht zutrauen.
Aber erstmal wieder runter, frühstücken und packen.
Eine Stunde später werde ich abgesetzt, die beiden wollen währenddessen auch hoch in den Wald. Mein Weg führt entlang kleiner, durch Steinmauern abgegrenzte Felder durch Wiesen, die offensichtlich auch Weiden sind. Ein Zwischenziel deutet sich auf den Wegweisern an: Mirador de la Peña. Liegt nahe bei. Na dann natürlich hin. Ich erreiche ein typisches Cesar Manrique Bauwerk, das den prominentesten Ausblick auf daa Drittel Caldera eines Vulkans preisgibt, der jetzt die Bucht im Norden der Insel darstellt und von über 1000 Meter steil abfallenden Steilhängen vom Rest der Insel wie abgetrennt da liegt. Von oben ist erkennbar, dass dort auch so etwas wie Ferienanlagen existieren. Nicht viele, aber die türkisen Flecken der Pools verraten es. Eine Hauptstraße zieht sich schnurgerade durch die zersiedelte Tiefebene. Der Anblick bestätigt mich in der Idee, ab San Andrés nicht dem Sendero Circular hinab zu laufen, sondern stattdessen den Bergkamm auf dem GR 131 zu überqueren, bis er im Norden der Insel wieder auf den Rundweg trifft.
Der Rest des Wegs hinauf bis auf den Kamm geht durch irisch anmutende Weiden. Sogar Pferde und Kühe grasen hier. Soviel Gras bin ich auf den Kanaren gar nicht gewöhnt. Nur meinen Weg verliere ich immer wieder, was der Tatsache geschuldet ist, dass der Weg seit Jahren nicht mehr instand gehalten wird. Die Wegweiser hängen alle irgendwie daneben und sind zum Teil regelrecht weggerostet oder von Moos überzogen. Die Markierungen zu entdecken ist ebenfalls ein Glücksspiel. Ohne den GPS Track würde ich ihn oft nicht wiederfinden, wenn ich mal wieder 200 Meter daneben bin. Macht aber heute nichts, weil ich tatsächlich auch mal querfeldein laufen kann und nicht ständig irgendwas Stacheliges fürchten muss. Es ist heiß und windstill. Bis zum Ziel bleiben die Klamotten im Wanderschlauch.
Mit Frances hab ich verabredet die Koordinaten mitzuteilen, wo ich aufgegabelt werden will. Das ist hier aber nicht schwer. Ich bin dehydriert jnd pflanze mich mit einer Falsche Saft vor dem Supermärktchen von San Andrés auf eine Bank. 17 Uhr ist es. 4 Stunden für 10 Kikometer. Schneller geht's nicht mit der Sehne. Ich versuche im Schongang immer nur links zu belasten und hinke so einseitig von Stein auf Stein. Das trübt schon ein wenig den ansonsten echt schönen Streckenteil. Und ich beschließe morgen allenfalls 8 Kilometer zu laufen. Inklusive Höhenbewältigung reicht das, um so richtig alle zu sein bei der Hitze.
Es dauert ne halbe Stunde, bis die beiden oben bei mir ankommen und wir einen Supermarkt weiter tiefer ansteuern, um das Abendbrot zu vervollständigen. Wir haben einen Gasherd. Man riecht's auch immer auf der Terasse etwas. Es wird Eier, Chorizo und Tortilla geben. Dafür brauchen wir noch ein Feuerzeug für den Herd. Es fehlt in dem Höhellendomizil leider überall an essenziellen Hilfsmitteln. Nur die schnelltrocknenden Handtücher sind super. Dort angekommen muss ich aber erstmal ins Meer. Sauber werden und die Sehnen kühlen. Leander spielt derweil mit den Eidechsen und verteilt Brot und Melonenschale auf dem Boden. Es kommen gut ein Duzend Echsen an. Leander ist so begeistert eine "echte Echsenparty" zu hosten, dass Mama in Ruhe das Essen präparieren kann, während ich blubbere. Keine Sorge ob der Rollenverteilung. Ich darf mich im Nachgang mit den angebrannten Pfannen beschäftigen. So spartanisch die Unterkunft auch ist, der Ausblick zum Abendbrot ist schon speziell. Der Ort unter uns ist quasi unbewohnt, scheint mir. Ein paar Angler an der künstlich geschaffenen Bucht und ein Mensch, der heute Morgen irgendwas mit ner Flechse gemacht hat. Ich bin mir sicher, wäre dieser Ort auf Teneriffa, wären alle hier und oberhalb stünde ne Eisbude. Die steht auch hier. Man hatte auch hier irgendwie Großes vor. Hat nicht geklappt. Viel Ausflugsinfrastruktur am Parkplatz oberhalb des Ortes, aber niemand kommt. Muss auch echt nicht sein. Darf gerne wieder abgebaut werden. Aber das wird niemand tun. Eher wird das fossil.
Es wird dunkel und Frances bringt Leander ins Bett. Noch ein bisschen Winnie Puuh... dann ist es dunkel. Wir sitzen auf der Terasse bei Erdnüssen und Weißwein und schauen in die Bucht, reden dies und das, bis auf einmal näckische Koboldlaute die Nacht durchschneiden. Vögel sind das! Aber was für welche? Frances Vermutung: Möven im Nachtflugmodus. Es hört sich jedenfalls schon ein bisschen horrorszenenhaft an. Mal morgen schauen.
Ich will morgen auch mal rausfinden, wer hier die ganzen Skulpturen an Wegesrändern entwirft. Neulich die Weiße. Und hier unten klebt auch ein Neptun an der Felswand und rottet vor sich hin. Heute gehe ich nicht mehr rauf zum Parkplatz. Hier gibt's anscheinend auch einen Inselkünstler, der Rubén Armiche heißt und Materialien für seine Kunst recycelt.