Sendero Circular de El Hierro

15.04.2024 Villa de Valverde

  

Unsere Unterkunft liegt nur etwa 300 Meter entfernt vom Fähranleger. Perfekt für die Ankunft um 22 Uhr. Die Fahrt hat geschlaucht. Auch ohne Wellengang schwankt so ein Katamaran doch sehr. Leander hat sich in seine neuen Schläppchen verliebt und möchte sie mit ins Bett nehmen wie ein Kuscheltier. Ich kann ihn zum Glück überzeugen, dass der Platz unter der Nachttischlampe ebenbürtig ist. Heute schlafe ich mit ihm. Decken brauchen wir nicht. Es ist sehr warm dafür, dass Nacht ist.
Um 12 Uhr können wir unser Auto ebenfalls am Hafen abholen. Ich will mit Leander hinunter gehen. Natür nur mit den neuen Flip Flops, die er aber noch nicht gewöhnt ist und so stolpert er über die Ferse hinweg und legt sich aufs Knie. Auuuuutsch. Ein Blutrinsal entsteht. Wir müssen umkehren. Das muss gewaschen werden. Also nochmal rauf und nochmal runter. Diesmal alle drei. Wir beschließen in der Hafencafeteria zu frühstücken. Ich komme völlig durchnässt an. Es hat mehr als 36 Grad und es ist schwül. Krass, das kenne ich garnicht von den Kanaren. Ob die Saharagischt einen Treibhauseffekt hat? Es ist aber schon deutlich klarer geworden. Trotzdem. Bei den Bedingungen wandern wird eine Wasserfrage werden, das kenne ich schon von Kreta 2016.
Es gibt kein klassisches Frühstück, sondern selbst gemachten Meeresfrüchtesalat und Tortillas für Leander. Eine richtige Eiweißbombe und kein Zuckerzeugs. Wir sind begeistert. Leander auch wieder. Der vertreibt sich im örtlichen Bällebad die Zeit und hat sein Autsch schon fast wieder vergessen.
Neben dem Flughafen, der aber nur von den anderen Inseln angeflogen wird, ist der Hafen der Nabel zur Welt und doch ist hier nichts los. Kein Vergleich zu Tenrriffa. Hier verirren sich nur Individualtouristen wie wir hin. So auch die Familie gestern, die von Hamburg aus mit ihrem Camper unterwegs sind. Eins ist klar. Komme ich irgendwann nochmal hierher, wird es La Palma, La Gomera oder El Hierro werden.
Eine Frau von Cicar kommt ins Hafengebäude. Ich bin einer von zweien, die heute ein Auto abholen. Einen Opel Corsa in Orange. Très chique. Sehr gut. Mir kribbeln langsam die Füße, ich will loswandern. Und so essen wir zuende und packen alle Sachen ins Auto. Die beiden machen schonmal die heutige Unterkunft in den Bergen klar und wir machen aus, uns gegen Nachmittag in La Caleta zu treffen, während ich dort hin wandere. Dort sollen nämlich richtig schöne Charcos und öffentliche Pools sein und hier wird es sehr unwahrscheinlich sein, dass das ein Massenpublikumsagnet ist.
Mein Weg beginnt direkt an der alten Hafenstraße. Ich kann's kaum glauben, aber der Sendero Circular wird tatsächlich offiziell ausgezeichnet. Das muss neu sein. Es steht auch GR darauf, aber ohne Nummer. Hier beginnt auch die Inseltraverse GR131 auf der selben Strecke. Es geht gleich steil aufwärts in die bekannte Steplenlandschaft auf Lavasteinwegen. Ich fühle mich nach 6 Jahren Inselumrundungen sofort heimisch. Nur brüllend heiß ist es. Durch das dunkle Gestein und die Windstille auch mehr als 36 Grad. Zum Glück sind es bis La Caleta nur knapp 8 Kilometer. Es macht mir nichts aus. Der Weg ist abseits genug, dass ich nackt laufen kann. Open Air Sauna... ich liebe das.
Zwei Stunden später komme ich zeitgleich mit den beiden an den Pools an. Sie sind toll. Ein paar vereinzelte Leute verteilen sich. Keine Fressmeile, keine tausend Parkplätze für nochmal tausend Touristen. Erstmal zur Dusche. Wasser und Brausetabletten aufl8sen. 2 Liter trinke ich weg. Dann planschen. Leander will noch nicht so recht und hat Angst, dass das Salzwasser brennen könnte. Tut es auch erstmal. Es braucht ein paar Anläufe und die Versicherung, dass Salzwasser gut für die Heilung sind und dann liegt er auch schon drin. Erst im Pool, dann mit Mama im Meer. Es ist ein herrliches Farbspiel. Die beiden und das schwarztürkise Meer. Ich liebe Farbwasserspiele. Es sind die schönsten Farbverläufe, die die Natur im Wasser ausmalt.
Auch die Hamburger planschen hier. Ihr Camper steht oben an der Straße. Wir kommen ins Gespräch. Sie bleiben noch eine Woche hier. El Hierro ist Teil einer Inseltour als Elternzeit, bevor der ältere Sohn in die Schule kommt. Alle Inseln sollen es werden. Das hier ist Teil Zwei. Teil eins wurde durch Corona unterbrochen vor 3 Jahren und sie saßen auf Lanzarote fest. Damals war ich auch auf Lanzarote unterwegs. Wer weiß. Vielleicht begegnen wir uns ja unbewusst jetzt schon zum dritten Mal...
Wir bleiben noch bis 16 Uhr und reiten mit den Wellen oder lassen uns von ihnen nassspritzen, bevor es in Richtung Villa de Valverde in die Berge geht. Jetzt macht sich das Servicemobil zum ersten Mal für mich als Inselumrunder bezahlt. Ich lasse mich bis hoch zur Kreuzung bringen, von der aus ich abwärts abgebogen bin. Dann muss ich das nicht zweimal laufen, heheeee. So oder so gibt's noch genug Aufstieg weiter entlang des GR ohne Nummer. Ich muss meine Haut schonen nach Teil 1 der Wanderung und lasse mein Netzhemd an. Das ist zwar toll, weil aus Polyester und ganz offen, aber es verhakt sich blöderweise an jedem Kaktus. Das nervt. Auch meine Fußsehne macht sich langsam bemerkbar. Ich bin aber froh, 15 Kilometer mit einem stetigen Ziehen überstehen zu können. Das bekomme ich schon irgendwie wegbalanciert.
Nach weiteren zwei Stunden Wanderung kommen wir wieder zeitgleich an der Unterkunft auf 600 Meter Höhe an. Die beiden waren nochmal beim Bällebad. Schon cool, so ein Kinderhirn. "Na, Leander? Was war das Beste heute?"... " Bällebaaaaaaad!" Man sollte nicht allzu enttäuscht sein. Das, was zuletzt war, ist immer das Beste. Es folgt ein "Alles war toll!'.
Wir haben eine Dachterrasse. Perfekt fürs Abendbrot. Viel Salat, Brötchen und Aioli. Leander führt Tänzchen auf und verfolgt die örtliche Hauskatze. Die Terasse hat ein Eidechsenloch! Er legt ein Stück Tomate davor. "Die holt sich das später. Morgen ist es bestimmt weg, stimmt es?"... Ich habe ein Abfluss so noch nicht betrachtet. Er hingegen anders herum auch nicht. "Leander, warum ist die Terasse schräg hin zum Loch?"... "Aaaaah!" Erkenntnis. "Aber den nehmen die Eindechsen immer als Eingang zur Terasse!"... “Mama, was ist eigentlich eine Dechse? Und isst die immer Ei?"... und so weiter. Langsam wirds dunkel und Zeit fürs Bett. Ich muss mein Schlafgemach zurecht improvisieren. Die Unterkunft ist eigentlich nur für zwei. Aber es gibt ein paar Decken. Mal schauen. Vielleicht schlaf ich bei den Temperaturen einfach auf der Terasse. Vielleicht auch nicht. Hier schwirren jetzt Mücken herum.