Sendero Circular de El Hierro

12.04.2024 Los Abrigos

  

Über Offenbach liegt ein stetiges Rauschen der Flugzeuge, die am Frankfurter Flughafen landen, starten oder kreisen. Ich merke, dass mich das als Dorfkind unruhig macht. Ich gebe Leander einen Guten Morgen Kuss. Halb Acht. Auch Ito und Ina machen sich fertig für die Kita. Wir nehmen die S-Bahn in Richtung Wiesbaden und landen gegen 9 Uhr am Flughafen. Für Leander ist alles das erste Mal ab jetzt und das formuliert er auch so am laufenden Band. Da steht ein Jumbo! Und es gibt waagerechte Rolltreppen. Wir müssen nach Gate B2 und ich lasse ihn mal die Schnitzeljagt durchs Terminal machen und sich orientieren. Macht er gar nicht mal schlecht... auch wenn wirklich alles beklettert werden muss. Es ist anstrengend ihn bei uns zu halten. Meine Vorstellung war, dass er mehr staunt anstatt das Gängewirrwar nur als weiteren Spielplatz zu begreifen.
Wir fliegen Condor. Die Gesellschaft hat sich gedacht, dass es voll der Knaller wäre die gesamte Flotte in bunte Ringelpullis zu stecken. Und heute ist 2jähriges Bestehen dieses Rebrandings, heißt, wer mit Ringelpulli in passender Farbe erscheint, bekommt einen 10-Euro Gutschein. Vorsorglich haben wir zwei Ringelpullis eingesteckt. Und so fährt ein geringelter Leander mit seinen Eltern raus aufs Flugfeld mit dem Bus, um in eine Ringelmaschine einzusteigen. Und da ist dann auch das vermisste Staunen. Erst recht, als die Maschine abhebt und wir die Wolken unter uns lassen, die Alpen überfliegen und das Meer erreichen. Und das mit dem Pulli klappt. Leander bekommt Brezel aufs Haus... und die lieben Eltern auch.
Auf Teneriffa angekommen hole ich unser Auto. Für die nächsten zwei Tage bleiben wir hier. Die Fähre nach El Hierro fährt erst am Sonntag. Ich habe zwei Unterkünfte bis dahin gebucht. Eine im Süden, eine im Norden, sodass wir die Insel am Teide vorbei überqueren können. Na und wenn wir hier schon bleiben, warum dann nicht zu dritt auf den höchsten Gipfel Spaniens? Diesmal die ohne Schmerzodysee von vor zwei Jahren. Eine Bewilligung habe ich mir einfach mal besorgt vor einem halben Jahr. Das Wetter kann unberechenbar sein um diese Zeit, aber einen Versuch ist es Wert.
Um 19 Uhr kommen wir an unserer Unterkunft an und es passiert das, was mir die ganzen sechs Jahre nicht ein Mal passiert ist: der Besitzer der Unterkunft ist nicht zu erreichen. Kein Kontakt. Ich muss zwangsweise eine Alternative suchen und reklamiere den Fall, was zum Glück binnen Minuten erledigt ist. Sowas Blödes. Ich hatte Leander ein Picknick am Abendpool versprochen. Aber Glück im Unglück, die Ersatzunterkunft liegt an einem Kieselstrand. Das ist eigentlich noch besser! Badehose an und hin! Leander mag meine Netzhemden. Er wollte für den Urlaub auch eins, also hat Mama kurzerhand den Zweinadeldrucker angeworfen und ihm in zwei Tagen eins gestrickt.
Und so stehen wir zur Abenddämmerung benetzt am und im Atlantik. Das erste Mal großes Meer. Leander macht immer riesige Augen, wenn er feststellt, dass etwas jetzt das erste Mal ist. Und der Atlantik macht mit seinen Wellen mächtig Eindruck. Ich versuche das Gesicht dann einzufangen. Es ist so eine ehrliche Begeisterung für den Moment. Aber das ist alles schon ne ganze Menge Eindruck für so ein kleines Hirn. Er ist mächtig unter Strom und auch um halb 10 abends im Bett nur mit Mühe klein zu kriegen, sodass ich das hier mal aufschreiben und die morgige Route durchgehen kann.