Sendero Circular de El Hierro

11.04.2024 Offenbach

  

Leander ist ganz aufgeregt. Jetzt geht es schließlich los. Ich hingegen arbeite noch bis 14 Uhr, packe meine Sachen, die ich letztes Jahr im Mai in eine Schublade in Schlafzimmer verstaut und seitdem praktisch nicht mehr angerührt habe. Komisch. In solchen Momenten habe ich das Gefühl, es ist erst gestern gewesen, dass ich die Wanderutensilien hier verstaut habe. Gestern Nacht habe ich alle Belege zusammengerafft. Diesmal sind es viele. Alles mal drei. Viele Karten und alles als QR Code oder ähnlich. Das ist bequem und gefährlich, finde ich. Das Smartphone ist im Grunde wichtiger als mein Haustürschlüssel oder Personalausweis. Lieber alles auch auf meinen Server hochladen, falls das Ding den Geist aufgibt. Sonst bin ich verloren. Im ICE gehts erstmal nach Offenbach. Ina nimmt uns wieder auf, bevor es morgen weiter geht zum Frankfurter Flughafen. Leander will den Koffer alleine reintragen. Ich darf bloß nicht helfen, sonst Gewitter! Sowieso will er alles alleine machen. Auch den Fruchtriegel als Wegzehrung muss er aufmachen. Ich darf ihn höchstens in die industriell vordefinierten Sollbruchstellen der Plastikverpackung einweisen, ohne Hände. Frances und Leander laufen erstmal durch den ganzen Zug. 13 Waggons. Das ist schon ne kleine Wanderung. Wobei es Waggon 13 nicht gibt, dafür 14. Aberglaube simpel entgegnet. Und dennoch denke ich mir, dass es sich wie mit Homöopathie verhält. Man respektiert es und gibt dem Aberglauben damit eine gerechtfertigte Bedeutung, wo keine sein sollte in meinen Augen. Viel mehr hätten sie Wert auf die Visage der neuen ICE4 Flotte geben sollen. Die Positionslichter stieren wie übernächtigte, schläfrige Augen über die Gleise und man versteht die vielen Verspätungungen. Dabei waren unsere Züge mal Referenz. Heute sind Verspätungen die Regel und nicht mehr ignorierbar. Leander flitzt schon wieder an mir vorbei in die Gegenrichtung. "Ich gehe durch den Zuuhuuug!" verkündet er laut an alle und verschwindet in Richtung Boardrestaurant bzw. "Essenbude", laut Leander. Uns braucht er dabei nicht. Wir haben langsam die Ruhe. Schleichend hat sich bei Frances und mir eine Gewissheit eingestellt, dass nichts dummes mehr dabei passiert. Wäre letztes Jahr auch noch eine andere Nummer gewesen. Er quatscht halt alle mal an. Auch die Kinder. "Hallo!" Oft wird so ein Hallo von den Kindern eher verwundert erwidert.
Gegen 20 Uhr erreichen wir Offenbach und kehren bei Ina und Ito für die Nacht ein. Viel Zeit bleibt nicht mehr, Zwar haben Ito und Leander sich letzten Sommer schon kennen gelernt, aber das ist ein halbes Leben her im Geiste eines Kindes. Trotzdem ist so eine Begegnung für kleine Kinder augenscheinlich ein besonderer Ausnahmezustand.
Noch einmal schlafen.