Blickwinkel Oliver

01.07.2015 - ACT Tag 4

  

Genauso haben wir es getan wie gestern gesagt. Zwar sind wir um 8 aufgestanden und haben gefrühstückt... Und uns dann eines Besseren besonnen und bis halb 1 weiter herumgedöst und Mückenwunden geleckt. Wenn man schon ein Bett mitten im Nichts bekommt... Der Plan war in den späten Abend zu laufen und darauf zu hoffen, dass um 18 der Wind gegen die Mücken dreht und uns die Bahn freibläst. Widerwillig bin ich um halb 2 dann doch raus ins Mückenreich, Wasser am Strand auffüllen. Ich haste zum Steg, Flasche schnell rein... voll... umguck... umhör... Kein Sirren, keine schwarzen Flimmerschlieren vor den Augen... Keine Mücke weit und breit trotz Windstille! Glaub ich nicht. Die haben mich nur noch nicht gerochen. Ich setz mich 5 Minuten auf den Steg, gefundenes Fressen sozusagen... Nichts. Wie jetzt, soll ich noch einen lassen?! Ungläubig schleichen wir beiden los. Ich komm aus der Irritation nicht raus. Wo sind die hin? Egal, freu dich doch! Ich trau dem Frieden nicht... Wo sind die?... So geht das ne Stunde in meinem Kopf herum, bis ich mir endlich drei plausible Erklärungen zurechtgelegt hatte. 1. Letzte Woche nach dem großen Temperaturanstieg sind zeitgleich alle Mücken der Saison geboren, haben eine Woche geschwärmt, gestochen und gepoppt uns sind genauso zeitgleich alle verreckt. 2. Eine neue, höher sirrende Mückenart, die nur in geballten Schwärmen auftritt und weiträumig ausweicht ist aufgetaucht. Das sind bestimmt die nicht stechenden Männchengangs auf Brautschau, sodass sich alle Weibchen lieber verstecken. 3. Die Mücken sind in ihrem Lebensherbst und machen allenfalls noch ein paar zwielichtige Spazierflüge, um die Flügelchen nicht zu sehr zu strapazieren auf die alten Stunden. Während die Logiken sich langsam manifestieren, gewöhnen sich unmerklich unsere Gemüter an den neuen Umstand, als hätte es die Mücken nie gegeben. Wir machen viele ausgedehnte Pausen an den zahlreichen Silberstränden, gehen Baden und liegen einfach nur so rum, um endlich die Landschaft so in uns aufzusaugen, wie es ihr gebührt. Es ist still geworden. Jetzt, wo wir ungestört einfach nur sitzen können, entdecken wir ein Rentier, das einen Berg hinab galoppiert, kurz ein Seegetränk bestellt und auf ex trinkt, um stracks zurück hinauf zu flüchten, bevor es der nicht vorhandene, aber genetisch einprogrammierte Feind reißen könnte. Mitten auf dem See balzen zwei Vögel... Okay, sagen wir mal eher, einer jagte den Anderen, bis schließlich dem potentielle Begatter der Saft ausging. Dabei gaben beide Töne von sich, die ich sowohl von Affen als auch von Wölfen kenne.... Hm. Etwa tatsächlich der mystische Affenwolfsschwan? Mit den ganzen tollen Aufsaugpausen wird natürlich auch Zeit mit aufgesaugt, sodass wir beim tatsächlich einsetzenden 18-Uhr-windwechsel noch 8 km vor uns haben. Bei einem meist torfig feuchten Weg ist das wie 16 km Straße. Frances rutscht das Herz in den Schoß, als wir vor der letzten Hürde des Tages stehen: die Wand. Eine ca. 350m hohe Felsformation. So hoch, dass die Sonne nur noch oben scheint. Da will ich heute noch hin. Frances eher nicht. Wir verlieren kurzzeitig den Pfad. Skandal in Frances Augen!! "Nee, dann wil die blöde Arschwand auch nicht mehr! So!" Tja, aber ich will. Los Frances, da oben gibt's Wurst! "Pah, die gibt's hier unten auch." Nicht, wenn ich oben bin! Es gibt halt unschlagbare Argumente und wer hätte es gedacht, das Fleisch war willig, nur der Geist war... brauchte ne Wurst vor der Nase, die ihr wegläuft. Oben angekommen ist alles wieder toll. Der Wind weht, kein Mückentier weit und breit, die Aussicht auf die Großgetränke unter uns gewaltig. "Mann was freu ich mich jetzt auf mein Kuschelzelt!" ich bleib noch ne Weile draußen, schreib Tagebuch, genieße die Aussicht, bis die Sonne dann auch hier um halb 12 hinter dem nächsten Hügel verschwindet. Ein schöner Tag. So muss das sein... Hm... Lieber mal dreimal aufs Zeltgestänge klopfen...