Blickwinkel Oliver

30.06.2015 - ACT Tag 3

  

Heute hatten wir uns viel vorgenommen. Wir haben in unserem schlauen gelben Outdoorbüchlein gelesen, dass als nächstes ein 25 km langer See kommen wird, an dessen anderem Ende ein aufgegebenes Kanu Center sein soll mit echten Betten drin für die Wanderer. Nach den letzten zwei Übernachtungen klang das so verlockend, dass uns die 30km Strecke von unserem Allerhorst aus locker machbar erschienen. Nach 5 km kam ohnehin erstmal Katiffik, ein Hüttchen am Ostufer des Sees. Das polnische Pärchen war noch da. Sie wären zu viert gewesen. Hmm... Wo sind die anderen? Egal, kann nur Gutes für uns bedeuten. Wir warten bis sie gepackt haben und machen uns in der Hütte unser Ovomaltinemüsli zurecht. Eeeendlich mal sitzen und zu fressen ohne gefressen zu werden. Die letzten 25km erscheinen auf einmal ohne weiteres machbar, zumal es immer an der Küste entlang geht. Zunächst an einem wunderschönen, silbrig glitzernden Sandstrand entlang. Prima! Muss eh meine Klamotten gründlich waschen... Nur glaube ich bei dem See hier der Amerikanerin sofort, dass letzte Woche noch Eis darauf schwamm. Es hat vielleicht 5 Grad und an mir zieht sich sofort alles samt meiner Männlichkeit zusammen. Gut, so cool bin ich nicht, sieht auch nicht mehr cool aus sondern erbärmlich schlotternd... Hach mensch, aber warum muss dieses kilometerlange Getränk nur so kalt sein? In sowas gilt es zu schwimmen! Na wenigstens ein paar Fotos von "innendrin" konnte ich machen. Die Strecke soll keine Steigung haben. Na das ist ja einfach so Kilometer zu reißen, denken wir uns. Nur sind wir nicht auf breiten Wanderhighways des Camino de Santiago. Es geht meterweise drei Schritt hoch, drei runter, der Weg wird von Kriechweiden überwuchert, was meinen mückenstichgeplagten Beinen unheimlich schmeichelt. Und der stetig gleichbleibend um die Ohren sirrende Drill Instructor McFly weiß auch, wie Er erreicht, dass wir bloß zu keiner Pause kommen. Wir retten uns bei immer noch 30 Grad von einem Windhügel zum nächsten, bis nach 15km gar nichts mehr geht, außer der Mut. Gegen 18 Uhr und nach vielen lautstarken Verfluchungen scheinen wir irgendetwas bewegt zu haben. Der Wind dreht urplötzlich von Ost auf West, es wird 15 Grad kälter und Wolken kommen auf. Frances ist das wurscht, so leicht lässt sie sich heute das Fluchen nicht mehr verbieten! Ich bitte nach irgendwo da oben nur darum, dass das jetzt nicht nur ne Böhe ist und so bleibt, bis wir da sind... Was es auch tut. Und wir würden sowas von belohnt. Mückenfreie Betten mit Matratzen. Und zur Feier des Tages gönnen wir uns ausnahmsweise jeder zwei Würstchen mit Pumpernickel. Schließlich haben wir einen Tag gut gemacht. Und nun lieg ich hier neben einer schlafmurmelnden Frances und frag mich immer noch, wie zum Teufel man darauf kommt, es wäre lukrativ hier auf dem Mars ein Kanucenter zu bauen. Und ich denk, während gegen 22 Uhr die Sonne nochmal reinlacht, dass es erstaunlich ist, wie die Winterkälte dem künstlichen Furnier der Inneneinrichtung zu schaffen macht. Und ich denk mir, während die Sonne bis in 3 Stunden hinter den Bergen verstecken spielt, dass wir morgen gaaanz lange hierbleiben, bevor der Drill von Neuem beginnt.