12.09.2021 Playa Quemada | ᐸ ᐳ ᐱ |


Es geht rauf und runter. Eine einsame Bucht flogt der nächsten, um von mir beschwommen zu werden. Ich liebe das. Nackig wandern, zugestaubt an Buchten ankommen, Seesack fallen lassen und direkt ins Wasser, planschen, Seesack wieder auf den Rücken, nass weitergehen und von der Sonne trocknen lassen, bis die nächste Bucht kommt und das Spiel von vorn beginnt. Meine Vorstellung von Luxus ist sehr einfach und trotzdem nicht leicht zu bekommen.

Die rostigen Stäbchen stecken ab und an auch wieder im Boden und endlich finde ich eins, auf dem noch das offizielle Zeichen klebt, das besagt, dass ich mich auf einer monumentalen Route befinde. Ich muss leoder feststellen: Wandermarkierungen und Wegweiser sind auf der Insel kaum zu gebrauchen. Sie stehen zwar hier und da gemeinsam mit total verwitterten Hinweisschildern herum, aber wir Wanderer sind offenkundig nicht das Zielpublikum mehr. So ist auch der GR 135 zwar seit 8 Jahren projektiert und mit den alten Zeichen in seiner Ausprägung auch schon da, aber suchen muss man ihn sich schlussendlich selbst... mitunter mit gefährlichen Sackgassen. Auch heute muss ich einen Abhang auf auf allen Vieren herunterrutschen wie auf Skiern, weil der Weg plötzlich einfach im Nichts verschwindet, weil ihn Jahre keiner mehr gegangen ist. Abhänge sind hier selten Fels und eher halb loses Geröll, das bei jeder Belastung sofort nachgibt. Aber so gelange ich in ein kleines Barranko, in dem eine bewundernswerte Kriechpflanze sei Unwesen treibt wie das Gestrüpp in Krieg der Welten, um Tennisballfrüchte zu erzeugen. Da soll man meinen, im Boden wäre kein Wasser. Da hat sich das Einstauben sogar gelohnt. Was solls, jede Bucht macht mich wieder sauber und so komme ich mach 10 Stunden im Zielort Playa Quemada an.
Es ist ein kleiner Fischerort ohne nennenswerten Tourismus. In der Bucht liegen viele runde Reusen im Wasser. Mein Verschlag wird mir durch die gute alte Schlüsselbox bereitgestellt. Langsam gewöhne ich mich daran. Es ist toll, auf diese Weise auf keine Zeitabsprache angewiesen zu sein. Egal wann ich komme, mein Bett ist bezugsbereit. Der Kontakt zu den Besitzern ist in der Regel klasse. Das funktioniert halt auch zugegebenermaßen gut mit dem Booking-Punktesystem, Kritik am Portal hin oder her. Man bemüht sich immer.
Aprolos Mühen. Heute will ich Fisch, den hab ich mir verdient. Gestern und vorgestern war ich aus Prinzip nicht essen. Allein wie die Kellner einen auf der Promenade angeiern. Hier gibt's das El Pescador. Ich muss es gar nicht sehen, um zu wissen, dass der Laden das ist, was der Name verspricht. Es ist ein Wunderland aus Öl, Knoblauch, Saugnäpfen, Flossen, Pilzen, Gewürzen, Salz, Schrumpelkartoffeln und noch mehr Öl. Heute lasse ich es krachen, aber so richtig.
Neben mir sitzen vier Freunde. Sie unterhalten sich in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch gleichzeitig. Man kennt sich, der vierte kam eher zufällig dazu, weil man sich hier doch irgendwann mal vor Jahren hier begegnet ist. Ein deutscher, Thomas, lebt hier, seine Halbschwester aus Frankreich ist zu Besuch. Der Bekannte kann aber nur Englisch. Thomas muss alles bestellen, alle haben einen riesen Spaß, der Kellner rechnet deren acht Weine auf meiner Rechnung ab. Auf den Schreck hin gibt's einen Lo-Siento-Kuchen für mich.
Ich beobachte die Vier, verfolge die Gespräche, stelle fest, dass ich mittlerweile in allen vier Sprachen folgen kann und werde etwas wehmütig. Das hat sehr viel von dieser Jakobswegathmosphäre, die ich schon etwas vermisse. Ich würde mich ja am liebsten dazu setzen. Aber das ist leichter gesagt als getan: Wir haben leider keinen alle-verbindenden Weg.