Frances

27.08.2016 Trá Lí

Nachdem ich am Morgen noch einmal ausgiebig die Badewanne und die Sauna im Rose Hotel genutzt habe, ziehen wir um ins Castle Hostel mitten in der Stadt. Als wir unser Zimmer betreten, müssen wir lachen, denn anstelle des riesigen Balkons aus dem Rose Hotel haben wir jetzt ein schönes großes Fenster mit Blick auf... eine Wand. Auch das Bett ist halb so groß, aber das juckt uns alles nicht. Wir gucken erstmal eine Runde IT Crowd, bis der Regen aufhört, dann erkunden wir die Stadt.
Richtig viel zu sehen gibt es nicht, aber wir kommen am Siamsa Tíre vorbei und Oliver fragt mich, was ich besser fände: Kino oder eine Show im National Folk Theatre? Was für eine Frage!!! Wir gehen also hinein und bekommen tatsächlich noch zwei Karten für den Abend. Ich werde schon beim Gedanken daran ganz gerührt und mir steigt das Wasser in die Augen. Irische Musik mit irischem Tanz in einem irischen Theater mit einem so schönen irischen Namen! Freude!!!
Gleich darauf gehen wir ins Kerry County Museum, wo es eine Masse an Infos gibt... Wir lernen, dass 1916 ein wichtiges Jahr für die Iren war und wer Roger Casement gewesen ist. Ich bin ein bisschen geplättet darüber, die englische Expansionswucht mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Kaum zu glauben, dass das erst hundert Jahre her ist... Wie anders die Welt doch geworden ist. Nach dem Casement Raum kommt die Besiedlung und Geschichte der grünen Insel seit der Steinzeit dran. Uff, jede Ära allein könnte ein Museum füllen. Das ganze überfordert mich recht schnell und ich brauche Hirnentspannung. Hunger hab ich auch. Also gehen wir nach einem Rundgang durch den Nachbau des mittelalterlichen Tralee - Museen sollten mehr davon machen! - zum Quinlans Fish Shop und vertilgen Hake und Cod mit "Real" Potatoe Chips. Seehecht und Kabeljau mit ganz wirklich echten, handgeschnitzten Pommes. Dazu Erbsenmatsch, der mir sehr mundet!
Zwei Stunden haben wir noch bis zur abendlichen Show, also noch ein bisschen IT Nerds gucken. Dabei schlafen wir ein :-) und verpassen die Show... NICHT. "Turas" heißt die Aufführung, "Reise". Eine Reise durch die irische Tanz- und Liederwelt. Ich muss bei sowas immer heulen. Schön war das, wenn auch nicht niederschmetternd, unvergesslich, einzigartig. Einfach schön, ein runder Abschluss für eine Irland Reise.

26.08.2016 Tralee

The Rose Hotel. Liege frisch gebadet mit Turban und in weißen Frottee gehüllt im riesigen Bett unserer Suite. Ja, heute kein schnödes Zimmer. Eine SUITE. War, glaub ich, gar nicht Olivers Absicht, aber wer sind wir denn, dass wir uns beschweren?!
Damit ist der Dingle Way offiziell beendet. Das macht mich schon immer ein wenig sentimental. Andererseits freue ich mich mal wieder tierisch auf zu Hause, die Minuschka, die Mama... Reisen macht mir vor allem immer eines deutlich: wie gern ich zu Hause bin und wie sehr ich meinen Alltag mag. Und wie sehr mir Oliver zu Hause ist, denn ohne ihn würde das alles keinen Spaß machen.
Das heutige Finale verwöhnte uns nochmal so richtig mit Matschepatsche! Nach der gestrigen Tortur und dem üppigen Frühstück heute fuhren uns unsere Gastgeber nach Camp, damit wir statt 33 nur 20 km laufen mussten. An 33 wäre ich wohl auch krepiert... Wir stapfen also über Stock und Stein einen Hang hinauf, dem wir dann oberhalb der N86 folgen. Wie gesagt, es geht wieder pitsche, pitsche, patsche durch knöcheltiefe Matschpfützen oder halsbrecherisch über große und kleine Steine. Man muss wirklich auf jeden Schritt achten, damit man sich nicht die Haxen bricht. Das ist ganz schön zermürbend und ich bin froh, als ich wieder Straße unter den Füßen habe. Inzwischen habe ich neben meiner aufgeplatzten Blase auch eine neue Blaseam vierten Zeh, die immer dicker wird und ordentlich drückt. Pitsche, pitsche, patsche sei Dank.
Nach weiteren ca. 4 km Straße ist Tralee erreicht und wir checken mit unseren Stinkerucksäcken ins feine Rose Hotel ein. Und da sind wir nun und haben keine Lust, uns nochmal raus zu bewegen. Oliver holt gerade beim Lidl unser Abendmahl und dann wird nur noch entspannt, geschmust und erholt! Tschüss!

25.08.2016 Castlegregory

Irgendwie bin ich heute nicht erholt. Mount Brandon hat mich wohl doch mehr geschafft, als vermutet. Na, heute soll es ganz entspannt werden. Immer schön am Strand entlang. Nach Räucherlachs zum Frühstück (mal was ganz anderes) geht es raus in einen hübschen Nieselregen. Bevor wir an den Megastrand gelangen, müssen wir erst noch ein ganzes Stück Straße laufen. Doch schließlich sind wir da.
Gerade regnet es mal nicht, also schnell noch ein Päuschen mit Keks. Dann doch wieder die Regenjacke anziehen und den Rucksack gut einpacken.... Und auf geht's! Ich gehe barfuß, der Strand ist herrlich sandig und fest, es läuft sich gut. Zunächst. Bis die Steine kommen. Nach ca. 4 km zieh ich die Schuhe wieder an, das war doch zu anstrengend...
Leider hilft das alles nix. 12 km Strand ist einfach zu viel. Mir hängt der Strand zum Halse raus. Ich kann keinen Strand mehr sehen. Endlich sind wir am Ende angelangt und treffen wieder auf Straße. Halleluja! Ich beschließe sogleich, mir den Abstecher nach Norden, um auch wirklich den letzten Zipfel der Landzunge noch zu bestaunen, zu sparen und verabrede mit Oliver, irgendwo auf ihn zu warten, abzukürzen und Straße zu laufen. Soll mir der Strand doch gestohlen bleiben!
Ich latsche also los, lasse Nick Cave übers Handy dudeln und biege irgendwann nach links ab. Komisch, dass die Straße so einen steilen Winkel beschreibt... Plötzlich seh ich Oliver 200 m weiter stehen. Och nee... Jetzt bin ich statt nach Süden wieder gen Norden gelaufen. Maaaaannn. Egal, dann eben doch hier lang.
Diese Entscheidung soll ich noch bereuen... Der Strand auf der Rückseite der Landzunge ist weder gut begehbar, noch ansehnlich. Meine Füße tun tierisch weh (schon seit 3 km) und ich bin nicht gerade guter Dinge... Eine Hündin begleitet uns. Erst denke ich mir, die macht nur einen Spaziergang. Aber als wir Pause machen, legt sie sich neben uns... Hmmm. Ich find die ja süß, aber sie sollte trotzdem besser nach Hause gegen. Ich sage es ihr, aber sie versteht mich nicht. Na gut. Wenigstens ist sie ein erheiternder Anblick, wie sie da so durch die Dünen tollt.
Oliver macht sich Gedanken wegen der Hündin. Als wir endlich an einen offensichtlich beliebten Badestrand mit Bademeister kommen, beschließt Oliver, dort Bescheid zu sagen wegen der Hündin, doch da ist sie plötzlich weg. Vielleicht gehörte die ja hier hin? Wir jedenfalls machen ein Päuschen, meine Füße... Zum Glück ist es nur noch ein Kilometer bis Castlegregory, unserem heutigen Ziel. Wo genau müssen wir hin? Oliver schaut nach und erstarrt. Ähm... JAAAA? Offenbar liegt unser heutiges B&B eine ganze Ecke VOR Castlegregory. Nicht dein Ernst, oder?
Ich könnte in den Steintisch beißen, vor dem ich sitze. Ich war schon vor 10 km im Eimer. Jetzt nochmal sieben???
Jetzt nochmal sieben. Ich bin echt den Tränen nah. Und zickig. Irgendwann gehen die Füße jedoch in so eine Art Meditationsmodus über. Sie laufen einfach. In einem ganz bestimmten ureigenen Rhythmus. Den darf man dann nicht stören, sonst geht gar nichts mehr. Sogar einen unglaublich spektakulären Himmel bekommen wir noch geschenkt. Und irgendwann nach gefühlten 8 Stunden sind wir in unserem B&B mitten im Nirgendwo. Ich mache abscheinend einen Mitleid erregenden Eindruck. Die Gastgeberin hört unsere Geschichte und sagt, schade, dass wir nicht angerufen hätten, sie hätten uns doch abgeholt. Na prima...
Das Einschlafen will heute so gar nicht funktionieren, weil mir so die Beine und Füße wehtun, dass ich in keiner Position lange liegen kann. Das freut auch Oliver, der mit mir in einem ziemlich kleinen Doppelbett auf einer einzigen Matratze liegen muss. Tja, hätteste mal richtig gebucht :-P

24.08.2016 Cloghane

Zum Frühstück in Kathy's beneidenswert schönen Küche gibt es riesige Pancakes mit Ahornsirup. Die brauchen wir auch, denn heute gilt es, den Mount Brandon zu bezwingen!
Nachdem wir die Ortschaft erst hinter uns gelassen haben, geht es recht gemächlich und darum auch recht langsam den Berg hinauf. Hier sind Schafe und Kühe zu Hause, entsprechend kackig ist der Weg! Und matschig. Na, das kennen wir ja schon. Irgendwann wird es doch etwas steiler und nun sind wir rasch auf 650 m und damit auf dem Joch angekommen. Spektakulär? Nö. Ziemlich windig und frisch, drum will ich schnell weiter. Spektakulär finde ich nur, wie ich inzwischen Berge rauf kraxle. Juckt mich gar nicht mehr.
Abwärts gibt es herrlichste unausweichliche Kackamatsche. Das steile Stück überstehe ich auch gut. Erst, als es nicht mehr so steil ist, leg ich mich auf den Arsch. Juhu. Mein erstes Schlammbad! Oliver hat seines ja schon auf dem Kerry Way genommen. Der Weg bleibt nass, ich sinke knöcheltief in die schönste braune Matsche ein und stelle fest: Man gewöhnt sich auch nach dem 10. Mal nicht dran. Aber mit viel Humor und kreativen Wortneuschöpfungen kommen wir endlich unten an. Das heißt, erstmal nur auf einer Schotterpiste auf 300 m Höhe. Aber da ist ein Bach! Schuhe und Socken waschen und dann rein in die nassen Treter.
Irgendwann sind wir auf der Straße und beschließen mal wieder, etwas zu improvisieren, sprich: den Weg abzukürzen. Der möchte uns nämlich noch einen hübschen Bogen führen, der nichts als ein Umweg wäre. Nix da, wir gehen gemütlich auf der Straße bis nach Cloghane, das ist nach Mount Brandon anstrengend genug!
Heute sind wir bei O'Connors, einem Pub mit B&B. Duschen bekomme ich grade noch hin, dann penne ich erstmal eineinhalb Stunden weg... Der Hunger treibt uns dann doch noch einmal ins Pub runter, es gibt Burger und zum ersten Mal im Leben Cider. Hätten wir uns mal ne Flasche geteilt! Ich vertrage doch nix. Umso besser schlafe ich gleich darauf ein...

23.08.2016 Coas

Das war mal wieder ein toller Aufenthalt bei Alice in Ballyferriter! Die B&Bs allein sind schon eine Reise wert, wirklich schön. Nach einem üppigen Frühstück geht es los Richtung Star Wars Zipfel. Da kommen wir aber auch nur fast hin und biegen kurz vorher doch noch ab in Richtung der Bucht von Smerwick Harbour. Die wird dann auch komplett abgelaufen, bis uns der Weg schließlich oberhalb des Atlantiks an zahlreichen Postkarten Motiven vorbei allmählich ins Hinterland führt. Wie es im Reiseführer heißt, soll der Dingle Way auf dem kommenden Stück so gut wie unpassierbar sein. Aha. Das macht uns nun doch eher neugierig :-) Nachdem wir endlich geschnallt haben, dass wir jetzt tatsächlich durch etwas gehen sollen, das wie eine Hecke aussieht, stoßen wir auch schon auf dieses berühmte schier unpassierbare Stück Weg. Abgesehen davon, dass man den Matsch, durch den man läuft, wegen der dichten Hecke nicht wirklich sieht und am Ende einen Fluss erreicht, an dem man nur schnallen muss, dass es kurz rechts durchs Gestrüpp geht, um zur Brücke zu gelangen, war es nicht wirklich spektakulär schwierig.
Nach weiteren Matschmärschen über diverse Weiden inklusive Überwindung mehrerer Weidezäune gelangen wir nach Coas, das auf keiner unserer Karten verzeichnet ist. Aber es ist da und damit auch unsere erste AirBnB Übernachtung bei Kathy und Sean. Wir haben ein tolles Zimmer und man merkt den Unterschied zu normalen B&Bs vor allem an der persönlichen Note in der Einrichtung. Ist eben ein privater Haushalt, in dem wir hier sein dürfen. Nach einem kurzen Abstecher ins Pub und einem Fish of the Day (lecker, aber satt wurde ich nicht, da half nur eine extra Portion Pommes...) bekommen wir noch einen Tee und Schokoladenkuchen bei Kathy. Wir sitzen noch eine ganze Weile und quatschen. Es ist richtig gemütlich. Eine schöne Begegnung. Aber die Müdigkeit treibt und schließlich doch bald ins Bett...

22.08.2016 Ballyferriter

Ja, ist denn das zu fassen?! Dass heute das Wetter besser werden sollte, war die Untertreibung des Jahrhunderts. Pralle Sonne, Schäfchenwolken und nicht zu heiß. Hat mir gleich einen Sonnenbrand beschert.
Dingle Stadt kennen wir nun also bei Regen und bei Sonnenschein, sieht beides gut aus. Am Hafen vorbei ziehen wir von dannen und biegen bald auf eine kleinere Straße ein. Wir sind nicht allein unterwegs. Allerlei bunte Rucksäcke zieren den Dingle Way und wir traben einige Zeit erst hinter, dann vor einem anderen Wandererpärchen her. Das gefällt uns nicht so richtig. Ist ein bisschen wie auf der Autobahn, wenn man immer wieder dasselbe Auto überholt, weil man ja irgendwie doch dasselbe Tempo fährt.
Wir sparen uns einen matschigen Abstecher auf einen Hügel und bleiben auf der kleinen Straße, schon bald erreichen wir Ventry mit seinem langen Sandstrand. Dem folgen wir gut zwei Kilometer, machen viele Fotos und biegen dann auf einen Grasweg ab, der nach dem Regen der letzten Tage schön matschig ist. Es ist aber nur ein kurzes Stück, dann sind wir wieder auf der R559, auf der wir wegen Matschprognose auch den Rest des Tages bleiben.
Im Stonehouse mit fantastischem Meerblick verleibt sich Oliver einen dicken Burger mit Pommes ein, während ich mich mit einem Crab Sandwich und einigen geklauten Pommes begnüge. Eine tolle Mittagspause mit Katzengesellschaft. Katzen sieht man hier eher selten. Heute gleich mehrere: in Dingle einen wirklich hässlichen roten Kater mit platter Nase, wie ein Katzenmops sah der aus; dann die Mittagsmietz und später noch drei schlafende Katzen in den Fenstern eines hübschen alten Cottages.
Nach der Mittagspause geht es weiter die R559 entlang und bald jagt ein Fotomotiv das nächste. Die armen Autos müssen dauernd in den winzigen Buchten anhalten, um auch mal ein Foto schießen zu können. Schließlich erreichen wir gegen Abend Dunquin und finden kein B&B. Im Hostel könnten wir uns ins 100-Bett-Zimmer einquartieren (allerdings getrennt), worauf wir gern verzichten. Aber ein Mann bietet uns an, uns bis zum nächsten B&B mit dem Auto mitzunehmen. Gesagt, getan! Im ersten haben wir kein Glück, aber die Dame ruft im nächsten an und wir haben ein Zimmer für die Nacht. Und was für eines! Mit einer unglaublich herzlichen Gastgeberin, die uns gleich Tee serviert und mit uns plaudert. Das stößt The Anvil von Platz 3 der B&B Rangliste!
Jetzt sind wir zwar ein Stück zu weit gefahren, aber wir latschen morgen einfach ein Kilometerchen zurück, um wieder auf den Dingle Way zu gelangen. Hier wollen wir wirklich keinen Zentimeter verpassen!
Ich finde schon jetzt den Dingle Way sehr viel schöner als den Kerry Way. Das ist das Irland, das ich erwartet hatte, sanfte, geschwungene Hügel, stahlbau der Atlantik, weich, satt, grün, zauberhaft die Landschaft. Wunderbar.

21.08.2016 Dingle

Heute gab es ein besonders schönes Frühstück mit griechischem Joghurt, Eiern und Toast. Und Tee. Freue mich schon auf die Teezeit zu Hause. In den kuscheligen Jahreszeiten mag ich das! Die Unterkunft von letzter Nacht zählt definitiv zu den Top 3, Platz 1 halten immer noch Hercule Poirot und Greta aus Kenmare, dann kommt schon Annascaul und dann noch The Anvil. Grottig war bisher eigentlich nur das schimmlige Hostel mit den schniefenden Teenagern.
Wie schon angekündigt, habe ich heute den Bus genommen. Leider. Ich wäre so gerne gelaufen, aber dieser Regen hätte mich wohl geschafft. Oliver hat die Herausforderung angenommen und war nach nur vier Stunden ebenfalls in Dingle. Respekt. Allerdings war er durch bis auf die Haut und meinte auch, dass das für mich nichts gewesen wäre.
Ich habe stattdessen meinen Rucksack im Hillgrove abgegeben und mich in die Stadt verdrückt. Ein süßes Café gefunden über einer Galerie unterm Dach, mir den Kuchen verkniffen und einen Latte getrunken und versucht, Goethe zu lesen. Schwierig mit Hintergrundbeschallung. Ist nun mal kein Harry Potter... Dann zurück zur Unterkunft und da kann auch schon der nasse Oliver. Guter Dinge! Erstaunlich...
Nach einer Aufwärmdusche und einem Regen-Überbrückungsimbiss aus dem Lidl (der Lidl! Wie doch so ein Lidl Heimatgefühle wecken kann!!!) gingen wir durch den schwächer gewordenen Regen zum Oceanworld Aquarium. Viele Fische. Zwei Haie, die ihre Kreise zogen und immer so dicht an der Scheibe vorüber schwammen, dass man einen guten Einblick in ihr bedrohliches Maul hatte. Die sehen schon unheilvoll aus, diese Viecher... Große Fische, kleine Fische, Seepferdchen und Rochen zum Anfassen... Pfui. Spätestens bei den Fischottern habe ich dann endgültig festgestellt, dass mir Tiere mit Fell sehr viel lieber sind. Schuppenträger sind einfach nichts für mich. Wie sie da so schwimmen mit ihren Glotzaugen, sehen sie doch immer seltsam teilnahmslos, um nicht zu sagen tot aus. Nee, ich weiß schon, warum ich Katzen liebe.
Nun stehen uns noch fünf Wandertage bevor, dann sind wir schon in Tralee, wo wir zwei Nächte bleiben. Dann noch ein Marsch Richtung Flughafen und Goodbye Irland. Mir fehlte heute das Laufen. Dem Himmel sei Dank, wird morgen das Wetter besser. Erheblich besser. Kein Regen nämlich :-) Ich freu mich auf die Etappe. Es gibt sogar eine Chance, dass morgen mal Hotel Maumi zum Einsatz kommt. Dann hätte ich es doch nicht umsonst mitgeschleppt! Aber abwarten...

20.10.2016 Kerry Camino

Jugendherberge ist wirklich furchtbar. Menschenaufläufe sind so gar nichts für mich. Und Kopf an Kopf mit einem schniefenden Teenager zu liegen, der gaaaaanz leise irgendwelche Videos auf seinem Handy schaut, treibt mich zur Weißglut!!! Nach meiner höflichen Bitte ist endlich Ruhe, bis auf hin und wieder ein Lachen, dass sich das Teenager Mädchen, das noch ein paar Stunden am Laptop hängt, nicht verkneifen kann. Vielleicht wollte sie uns alle auch einfach nur teilhaben lassen an ihrer Freude über lustige Unfall- oder Katzenvideos. Aber gut, das stört nicht wirklich. Jetzt wo die Ohren beruhigt sind, kommt der Geruch. Ekelhaft. Undefinierbar. Zum Glück schlafe ich relativ schnell ein und schon ist der Film vorgespult und es ist morgen. Neben mir schnieft der Junge. Ich bin ja nur froh, dass er es sich verkneifen konnte, sich bei ein paar Schmuddelfilmchen einen runterzuholen. Wahrscheinlich tue ich ihm Unrecht...
Jetzt ist jedenfalls morgen und die Küche wunderbar voll. Werde mich mal zu Tee und Müsli vorkämpfen...

Nur eine Stunde später sitzen wir in Annascaul im nächsten B&B. Es gießt wie aus Eimern heute und meine Hose ist im Nullkommanix durchgeweicht. Das erweicht auch Oliver und da wir für Dingle ohnehin nur eine Übernachtung für morgen haben und heute auf gut Glück gesucht hätten, beschließen wir, unseren freien Tag eben heute zu machen. In der Hoffnung, dass das Wetter morgen nicht mehr ganz so heftig ist.
Mehr als rumliegen, Olympia gucken und futtern passiert dann auch nicht mehr. Außer, dass ich einen ernüchternden Blick auf den morgigen Wetterbericht werfe und gleich darauf nach Busverbindungen schaue. Und es gibt welche!!! Mit Oliver kann ich mich darauf einigen, dass er läuft und ich den Bus nehme. Prima :-)

19.08.2016 Annascaul

Ach war das herrlich gestern abend. Irische Pizza im Pub. War ganz gut, aber die Italiener können es natürlich besser. Dann ab unter die Kuscheldecke und Olympia gucken.
Zum Frühstück gab es neben Eiern, Bohnen, Müsli und Toast heute auch ein Gespräch mit der Gastgeberin. Zuerst schien sie ja genervt und servierte das Frühstück ziemlich rabiat, aber dann wurde sie plötzlich gesprächig und erzählte von den vielen tollen Menschen, speziell Deutschen, die sie so durch ihr B&B kennengelernt hat. Kundenbindung :-) Wir sollten auch unbedingt noch zum Schmied auf der anderen Straßenseite gehen, ach sie bringt uns eben hin! Also hab es noch ein kleines Fotoshooting mit Florence O'Sullivan, dem 84jährigen Schmied, letzter seiner Art in der Gegend. Süß war er und schien das Posieren mit Touries gewöhnt.
Aber irgendwann mussten wir auch los traben, uns standen schließlich 23 km reine, naturbelassene Straße bevor. 15 davon über die R561, eng und viel befahren. Das Wetter war der reinste April, Regen Sonne, Regen, Sonne, Wind, Regen, Regen, Regen. Ich habe heute zwei Dinge gelernt. Erstens, man kann auch im Regen wandern, ohne gute Laune einzubüßen. Hätte ich ja nicht für möglich gehalten. Aber gut, es goss auch nicht gerade wie aus Eimern, andererseits auch nicht wie aus der Sprühflasche... Zweitens, auf einer engen Straße mit nicht besonders gefühlvollen Autofahrern, geht man am besten so gut wie in der Mitte. Klingt gefährlich, ist es auch, aber so hat man im entscheidenden Moment noch Platz zum Ausweichen. Hat funktioniert. Ich lebe noch. Und bin heilfroh, dass das Straßengelatsche nun vorbei ist.
Wir sind nämlich nun auf dem Dingle Way angekommen. Schluss mit N70, R561 und Konsorten! Morgen geht es gemütlich nach Dingle und dann gibt es einen Tag Pause! Den haben wir uns verdient. Nachdem wir den Kerry Way so durchgerauscht sind, haben wir doch glatt zwei bis drei Tage übrig, die wir noch verbraten müssen. Dingle gebührt einer davon.
Ich mache drei Kreuze, wenn wir morgen wieder on the road sind, denn was auch immer uns geritten hat, wir übernachten heute im Sechsbettzimmer. Ich hab kein Problem mit ganz einfachen Unterkünften, gerne auch Zelt, Bretterhütte, Sofa, aber andere Menschen im Schlafgemach kann ich überhaupt nicht leiden. Noch dazu sind es fast noch Kinder, die auf ihren Handys Trickfilme schauen und dabei glucksen, schniefen und rülpsen. Könnte ich wahnsinnig werden. Auch das geht vorbei, die R561 war schließlich auch irgendwann zu Ende.
Nun noch ein bisschen Goethe zur Abendlektüre und dann gute Nacht!

18.08.2016 Boolteens

15.30 und ich sitze geduscht, wohlriechend und höchst zufrieden im bislang besten Bett Irlands. Ich habe Kaffee und Tee und zur Abwechslung friere ich auch mal nicht. Sonst bekomme ich nach dem Duschen immer erst einmal einen Schüttelfrostanfall, heute nicht. Juhu.
Es war aber auch gemütlich heute. 15 läppische Kilometer und das auch noch auf Straßen. Es hat ungemein gut getan, dass wir schon gestern so wenig gelaufen sind, meinem Knie geht es viel besser und auch sonst bin ich besser erholt.
Nach einem kleinen Burger und einer riesigen Portion Pommes - oder wie man sie hier nennt: Chips - mit Knoblauch Mayo und zu vielen Keksen gestern abend haben wir heute nur ein Müsli gefrühstückt. Na gut und ein Eis gegessen unterwegs. Hat alles zur guten Laune beigetragen. So haben wir eine Menge gelacht, Lieder umgedichtet und Wörter erfunden.
Nach gut zehn Kilometern überquerten wir im kleinen Örtchen Castlemaine (Birth Place of the Great Colonial Boy, wie wir nebenbei noch gelernt haben) eine Brücke und ließen damit die Halbinsel Ivernagh, die die letzten 8 Tage unser Zuhause war, hinter uns und betraten Dingle'schen Boden. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Dingle noch schöner ist als der Kerry Way, keine Ahnung warum.
Es lugten herrliche dunkelgraue Regenwolken hinter den Bergen hervor. Mir gefällt dieses Klima hier. Ich mag auch, dass die Sonne nicht scheint. Irland sieht in diesem diesigen Wetter einfach gut aus. Und zum Wandern ist es ohnehin angenehmer, wenn die Sonne nicht brennt. Ich kuriere ja immer noch meinen Sonnenbrand von vor vier Tagen! Ich bin zwar nicht scharf auf Dauerregen, aber der leichte Sprühregen von gestern ist schon in Ordnung. Hoffen wir auf weitere Tage wie den heutigen.
Morgen stehen uns wieder ein paar mehr Kilometer bevor. 22 bis Annascaul immer entlang der R561. Hmmm, Straße laufen mehr auf Dauer keinen Spaß. Wenn die Autos nicht wären... Aber die sind nun mal und für morgen scheint es auch keine Alternative zu geben. Übermorgen sind wir dann auf dem Dingle Way gelandet und können der Straße fürs erste Adieu sagen :-)

17.08.2016 Killorglin

Mir tun noch beim Aufwachen die Knochen weh und ich sehne mich nach einem Tag wanderfrei, aber Oliver verkündet sogleich, er habe eine Unterkunft in Killorglin gebucht. Juhu.
Draußen ist es grau und es riecht nach Regen. Heute gehen wir nur Straße und auch nur 15 km. Zunächst an unserer alten Freundin, der N70 lang, dann auf eine kleinere Piste. Bergab jaulen meine Knie laut auf. Zur Ablenkung spielen wir eine Runde Kofferpacken, doch dann kommt schon der Regen. Also schnell die Rucksäcke einpacken und uns in die Jacken hüllen.
Es ist erstaunlich gemütlich, in der warmen Jacke durch den Regen zu gehen. Die Gegend ist zauberhaft. Wir gehen lange Zeit eine Allee entlang, von der lauter gusseiserne Tore zu verwunschenen Häuschen abzweigen. Es ist, als ginge man durch ein Märchenbuch.
Trotzdem ist es anstrengend, die ganze Zeit Straße zu laufen und wegen des Regens auch keine Pause machen zu können. Immerhin, nach etwa 3,5 Stunden sind wir in Killorglin und finden auch rasch unsere Unterkunft. Ein schnuckeliges Häuschen mit wunderschönem Ausblick auf den Fluss. Das Zimmer ist groß und das Bad hat eine Badewanne. Leider keinen Stöpsel... Mist. Ein Bad hätte mir sicher gut getan. Heute wollen wir zum ersten Mal essen gehen und uns stattdessen morgen das Frühstück sparen. Bin gespannt, was es gibt :-)

16.08.2016 Glenbeigh

Wunderbares Frühstück heute im The Sive! Es gab Porridge für mich und Spiegeleier für Oliver. Dazu Toast und Orangenmarmelade. Und Müsli. Ja, wir frühstücken immer ordentlich, danke wir den langen Wandertag gut durchhalten. Der begann mit einem Marsch entlang der N70, gar nicht schön. Doch nach gut einer halben Stunde wechselten wir auf eine kleinere Straße mit kaum Verkehr, die angenehm zu laufen war. Irgendwann ging der Weg in die Berge rauf und war für mich heute besonders schön. Ganz oft der Blick auf den Fjord und die Dingle Halbinsel gegenüber. In ein paar Tagen werden wir von dort aus hier herüber schauen. Einige Male war mir der Abhang zu steil und ich habe nur zugesehen, dass ich schnell weiter komme. Durch herrliche Schafweiden ging es den Berg wieder hinab und dann ein weiteres schier unendliches Stück Straße, bis wir mit schmerzenden Füßen endlich Glenbeigh erreichten.
Heute nächtigen wir im Village House in einen rosa Zimmer :-) Zum Abendbrot gab es Makrele, Brot, Schinken, Banane, Joghurt und Keks. Njam.
Morgen verlassen wir nun den Kerry Way und versuchen irgendwie, den Abschluss ab dem Dingle Way zu bekommen. Die Wettervorhersage hat sich nun auch zum Positiven gewendet. Dann kann es ja weiter gehen. Allerdings können meine Beine man eine Pause vertragen...

15.08.2016 Caherciveen

Heute ging der Tag recht mühsam los. Mir war nach im Bett bleiben und ausruhen. Am liebsten zu Hause. Das Gefühl blieb noch ein paar Stunden, während wir immer auf der Straße entlang die heutige Etappe in Angriff nahmen. Irgendwann ging es jedoch den Berg rauf und mit wachsender Höhe wurde mein Heimweh immer kleiner. Die Aussicht war Bombe, der Weg lässt sich am besten mit "fitsche fitsche fatsche" beschreiben. Matsch, Moder, Morast. Meine Socken haben ihr zweites Moorbad bekommen! Froh waren wir, als wir vom Berg runter waren, doch der restliche Weg an der Straße entlang in praller Sonne und ohne Wasser war noch einmal eine Herausforderung... Endlich kamen wir zum The Sive in Caherciveen. Das Zimmer war das kleinste bisher, aber alles prima. Brot, Käse, Joghurt, schlafen.

14.08.2016 Waterville

Gestern abend im The Mighty Munch zum ersten Mal Fish&Chips gegessen. Der Fisch war toll, die Pommes lasch. Zurück im B&B konnte ich auch nur noch ein paar Seiten lesen und bin dann gleich eingepennt. Ich könnte beim Wandern jede Nacht locker zehn, zwölf Stunden schlafen...
Heute morgen hab es wieder lecker Frühstück. Ich mag das Familiäre an den B&Bs. Obwohl unser Herr Gastgeber uns mit ungebetenen Ratschlägen überhäufte und das nicht nur einmal, sondern am laufenden Meter. Oliver war genervt, ich fand ihn zu süß, um genervt zu sein. Am Ende haben wir sowieso gemacht, was wir wollten...
... und sind nicht über die Berge, sondern am Strand entlang nach Waterville gelaufen. Das hieß erst einmal Klippenklettern, wenig anstrengend und sehr schön. Dann rauf auf den Berg. Mich wundert, wie wenig mir das ausmacht. Wenn ich da noch an Grönland denke... Meine Kondition ist wirklich erheblich besser geworden :-)
Als wir, oben angelangt, einen der vielen Weidezäune überwanden, warteten schon zwei sehr neugierige Pferde auf uns. Da musste erst mal eine Runde gekrault werden. Danach ging es über unendliche Schafweiden gemütlich immer an der Küste lang. Die Sonne kam raus und Irland sah nun wirklich so grün aus wie auf den Postkarten. Zu sehen waren auch die Skellig Islands, die mich ja sehr reizen. Wir haben hier in unserem B&B gefragt, ob wir eine Tour buchen können, und erfahren, dass die Skelligs seit Star Wars völlig ausgebucht sind! Vielleicht klappt es ja doch noch, aber wir sollen uns nicht allzu große Hoffnungen machen.
Mir isses wurscht. Ich latsche auch gerne einfach weiter morgen.

13.08.2016 Caherdaniel

Heute war schön! Ohne Schmerzen läuft es sich gleich zehnmal besser und außerdem war heute Tag vier. Erfahrungsgemäß sind die ersten drei Tage immer ein bisschen eine Tortur, danach hat sich der Körper dran gewöhnt. Heute war das laufen jedenfalls überhaupt kein Problem mehr.
Allerdings könnte man den Kerry Way auf dieser Etappe getrost auch als Muddy Way bezeichnen. Die gestrigen Feuchtwiesen waren nichts gegen den heutigen Matschmarsch! Als erstes hat es Oliver hingelegt. Später -- ich wollte eine weitere Matschgrube umgehen -- fand ich mich plötzlich eine Etage tiefer wieder. Mitten in der Wiese ein schultertiefes Loch. Da hab ich blöd geguckt. Heute war ich aber so schlau, erst gar keine Socken anzuziehen, und so waren immerhin nur meine Schuhe voller Matsch. Apropos Schuhe: was will ich bei so einem Weg mit Wanderstiefeln? Die saugen sich doch nur voll und gehen kaputt. Dann doch lieber die Keen Sandalen, kein Leder, kein Angriffspunkt. Habe sie gewaschen und nun müssen sie nur wieder trocken :-)
Landschaftlich fand ich es heute sehr schön, viiieeeele Schafe, Blumen und der Fjord. Der Weg führte lange Zeit über eine alte Butter Road. Ob man da allerdings früher mit Karren lang konnte, wage ich zu bezweifeln. Ich wollte da kein Rad drüber schieben...
Auch das Wetter war toll. Anfangs und zwischendurch immer mal wieder ein bisschen Sprühregen, aber so sanft, dass man ihn nicht mal auf der Kleidung sehen konnte. Ansonsten bewölkt, angenehm warm, fast windstill. Herrlichstes Wanderwetter.
Nun sind wir in Caherdaniel gelandet und haben sofort ein B&B gefunden. Heute haben wir die Dusche auch bitternötig gehabt. Sauber und entspannt warten wir nun darauf, dass die Fish&Chips Bude an der Straßenecke aufmacht und wir unser Abendbrot benommen. Und dann Lesen!

12.08.2016 Sneem

Irgendein Tag beim Wandern ist immer kacke. Für mich war heute dieser Tag. Aufgewacht im gemütlichen B&B Willow Lodge beim lustigen Paul, der an die Ustinovsche Version des Hercule Poirot erinnerte, merkte ich als erstes: schleunigst Schmerztablette einwerfen, sonst geht heute gar nix. Mein allmonatliches Delirium... Am liebsten wäre ich gar nicht erst losgelaufen, aber das hätte Oliver nicht mitgemacht. Also runter zum Frühstück, Rührei mit Bacon, Toast und Müsli und Paul beichten, dass ich sein Klo zerlegt habe... war keine Bedienungsanleitung dabei... Scheint allerdings nicht das erste mal gewesen zu sein. Seltsame Hebelklos.
Nun gut, den Abschied machte uns auch Greta, die Besitzerin, nicht leichter und wir quatschen noch eine ganze Weile im Flur. Das war wirklich ein Plätzchen zum Wohlfühlen. Gemütlich, Zimmer wie Leute. Na, wie gesagt, ich wäre gern noch geblieben.
Nach einem Stück an der Hauptstraße entlang, verließ der Kerry Way die Zivilisation und ging in einem endlosen Zickzack immer schön bergauf bergab abwechselnd durch Schafscheiße und Feuchtwiesen, die denen in Grönland alle Ehre gemacht hätten. Ich mit meinen Bauchschmerzen, Nebel im Kopf und klapprigen Beinen war schon nach einer halben Stunde am Ende, aber immer fein durchhalten...
Ich mache es kurz: es wurde nicht besser. Wir trabten noch gut zwei Stunden an der Hauptstraße entlang, versuchten vergeblich zu trampen, landeten wieder auf einer Weide und dann fing es zu meiner hellen Freude auch noch zu regnen an. Ach, das ist bestimmt gleich wieder vorbei! Regenjacke rausholen lohnt sich nicht. Hmhm... Als ich völlig durchnässt einen weiteren Weidezaun überwand, kam ein Ire und fragte mich, ob ich keine Regenjacke hätte und wo meine Wanderschuhe wären? Dann sah er Oliver und fiel von Glauben ab. Der hatte ja noch nicht mal richtige Schuhe an den Füßen! Das muss sein Christenherz gerührt haben und er bot uns an, uns gegen kleine Spende nach Sneem zu fahren. JAAAAA!!!! BITTTEEEEEE!
Das war die Rettung und sie kam kurz vor sechs. Keine Ahnung, wie wir diese 10 km noch hätten schaffen sollen. Regnen tut es übrigens auch jetzt noch, um halb neun.
Wir fanden schnell ein B&B, trocken mit Bett und Dusche, mehr brauchen wir nicht. Halleluja!
Morgen bin ich hoffentlich auch wieder ein Mensch und kann ohne Drogen laufen. Normalerweise lieg ich am Tag des Deliriums auch immer schön im Bett und latsche nicht 20 km bei steifer Brise Zickzack durch irische Schafscheiße... und lasse mich zur Krönung noch schon kalt duschen. Möge es DER Scheißtag dieser Wanderung gewesen sein! Amen.

11.08.2016 Kenmare

Frühstück im The Sugan. Widerlicher löslicher Kaffee, Toast und Cornflakes. Passt schon. Ich schnattere mit einer Dame aus Nordirland übers Wandern, während Oliver Tagebuch schreibt. Macht Spaß, einfach mit Leuten zu quatschen. Zu Hause bin ich ja nicht so kontaktfreudig. Komisch, oder?
Und dann geht es endlich los. Es dauert eine ganze Weile, bis wir aus Killarney raus sind und dann geht es auch gleich in den Nationalpark. Ganz schön viel los hier! So manch ein Mensch und hin und wieder auch ein Pferd, das Menschen in erinnert Kutsche zieht. Der Weg ist angenehm und führt uns als erstes zum Muckross House. Darüber hatten wir schon einmal eine Reportage gesehen und ich bin sehr gespannt. Dort angekommen, ist es vor allem überlaufen. Wir wollen ohnehin nicht rein, dass scheint auch gar nicht möglich, und so machen wir nur ein Picknick und genießen den Blick. Vor dem Anwesen liegt ein See mit kleinen Inseln, die vollkommen bewachsen sind. Das sieht glatt aus wie in Thailand! Tropisch. Schon wieder diese faszinierende Vegetation. Als nächstes geht es zum Torc Waterfall. Den kann ich allerdings so gar nicht genießen. Es ist dunkel und für meinen Geschmack viel zu viele Menschen, die Selfies schießen. Also rausche ich nur daran vorbei und beginne gleich den Aufstieg. Hehe, jetzt wird es leerer. Es geht ein gutes Stück hinauf und schließlich sind wir auf einer Hochebene, die dir nächsten paar Stunden unsere Heimat ist. Die Sonne scheint, der Ginster leuchtet, Wacholder und Ilex in riesig und Heidekraut in voller Pracht. Ein Augenschmaus!!! Im Wesentlichen erinnert die Landschaft an Grönland. Schroff, nicht hoch bewachsen, aber doch so viel bunter und satter. Immer wieder plätschern kleine Bäche vorüber, auch einige kleinere, dafür viel lieblichere Wasserfälle sind zu sehen und vor mir huschen jede Menge Eidechsen davon. Die Begegnungen mit Menschen werden rar. Das ist das beste :-) Ich mag die Einsamkeit beim Wandern.
Es geht in stetem Wechsel bergauf und bergab. Lange. Laaaaange. Irgendwann hab ich Sehnsucht nach Ankommen. Und weil wir so weit hochgestiegen sind, müssen wir auch weit absteigen. Aua. Meine Knie sind begeistert. Das ganze zieht sich auch noch, doch endlich kommt ein Lidl in Sicht. Jawoll! Ein Stück zu Hause! Oliver kauft ein paar Leckereien, während ich fast auf den Rucksäcken einschlafe... jetzt nur schnell ein B&B finden. Der erste Versuch schlägt fehl, aber schon an zweiten Haus öffnet uns Hercule Poirot höchstpersönlich die Tür und verkündet, er habe noch ein Zimmer frei. Juhuuuu! Duschen, futtern, eingepennt.

10.08.2016 Killarney

Nach einer laaaangen Autofahrt nach Frankfurt Hahn und einem recht schnell verflogenen Flug sind wir nun also in Kerry. Es sieht grau aus und ich hülle mich schon in meinen ultraleichten Wattepulli von Maria. Doch surprise surprise! Es ist ganz warm auf der Insel! Fein :-) Ich scharre schon mit den Hufen, aber Oliver hat Migräne. Also gibt es ein heilsames Kopf-Ei (das ist das ausgiebige, gefühlvolle Kraulen des Kopfes) und wie können los.
Nachdem wir die Hauptstraße hinter uns gelassen haben, geht es durch Wälder und vor allem Felder Richtung Killarney. Nach dem überraschenden Klima kommt nun der überraschende Duft. Hmmm. Es riecht nach gemähtem Gras, frisch und saftig, und lauter süße Blumendüfte mischen sich darunter. Manchmal riecht es gar wie Crêpes mit Zimt! Und es ist wunderbar bunt. Vonwegen grüne Insel! Was wir uns in Deutschland mühsam in den Garten kultivieren, wächst hier im Straßengraben. Tränendes Herz, Fuchsien, Palmen... Es gibt auch Moosbuckel, Felliblumen, Handschmeichlerblumen, Satellitenblumen und und und. Ich muss vor allem die Handschmeichlerblumen immerzu anfassen, weil sie nun mal so schön die Hände beschmeicheln. Besser duften tun allerdings die Holunderkegler. Sehen aus wie Kegel, riechen aber wie Holunder.
Nun gut, der Weg nach Killarney zieht sich doch ganz schön, immer auf der Straße entlang, und Oliver schläft schon fast im Stehen... Endlich sind wir da. Die ersten B&Bs, an denen wir vorbeikommen, sagen alle "Sorry. No vacancies." Aber dann haben wir Glück: The Shire, ein Pub, gibt uns ein Zimmer im daneben gelegenen The Sugan. Wie der Name erahnen lässt, sind wir hier im Auenland gelandet. Das Pub ist voller Herr der Ringe Anspielungen. Egal, wie wollen nur noch einen Laden, der uns Obst und Joghurt verkauft und was zu trinken und dann ab in die Koje!
Des nachts erfreut uns immer wieder die Zimmernachbarin mit lauthalsem Singen. Schöne Stimme, durchaus, aber das Verlangen nach Schlaf tut der Würdigung viel Abbruch.