Blickwinkel Oliver

15.07.2015 - Ein flüssiger Abgang oder Ups, das stinkt!

  

7:30. Alle sind am räumen. Ich höre fast nichts. Diese Ohrenstöpsel sind hiermit offiziell jakobsweg-approved und halten jede noch so große Herberge fern. Ich habe damit gleich das Gefühl ein Stück Privatsphäre geschaffen zu haben. Ich kann meinen Kopf zuschließen. Das hat nach drei Wochen mit stetig wechselnden Betten immer mehr Bedeutung. Blick aus dem beschlagenen Fenster: Die Sonne versucht sich tatsächlich durch die Wolken zu quetschen. Naaa, da müssen wir im Laufe des Tages aber noch ein bisschen üben! Wir beschließen erstmal alle Hiker ziehen zu lassen, bevor wir aufstehen. 8e sind alle weg und wir haben den 18-Betten-Saal für uns. So, schön Frühstücken jetzt. Um halb 10 machen wir uns zurück nach Landmannalaugar auf. Das Wetter wird ein herrliches Licht- und Schattenspiel der Wolken und gibt Frances die Freude, den ganzen Abstieg genießen zu können, jeden Brennisteinlaugar inspizieren zu können und viel zu fotografieren. Wir haben den Weg für uns. Für die Nschkömmlige ist es noch zu früh, die anderen sind eh schon unten oder in die Gegenrichtung abgezogen. Wir nehmen noch einmal die Hütte, auch wenn das Wetter jetzt gut genug zum zelten wäre. Aber hey, ich mein Hallo!? Na also. Mich zieht es gegen halb 6 noch auf den Haålda, einen 1100m Berg mit 360 Grad Aussicht, als Wiedergutmachung für den Blindflug vorgestern. Außerdem gilt's da oben den Ich-war-hier-cache zu finden. Was mich an Aussicht erwartete, waren 100km Sicht auf menschenleere, bunte Berge, Seen, Schneefelder und Täler. Da vergisst man die Zeit. Ich soll um 7 unten sein zum Abendessen. Schaff ich nicht. Es wird irgendwas nach 8. Aber wer weiß, wann ich nochmal hier bin. Suppe gibt's auch morgen noch... In aller Fülle. Danach ab in den Bauerntümpel, aufwärmen. Wenn ich so ne Bergrunde mit gut Tempo in zweieinhalb Stunden mache, die eigentlich ne Tagestour darstellt, passiert, was selten ist: ich friere. Warum so schnell? Weil. Wem willst du was beweisen? Niemandem. Im Tümpel setz ich mich vor die heißen Wasserfälle. Ich kann hier stundenlang sitzen und dem Sprachgewirr der anderen Leute zuhören, ohne dass mir langweilig wird. Jeder ist irgendwie positiv überrascht. Manche bringen sich Bier aus der Mountain Mall, dem Ami-Schulomnibus, der von ein paar jungen Leuten den Hikern n Käffchen, Kekse oder sowas anbietet. Heute waren viele Russen da. Ich wusste gar nicht, dass die sympathisch sein können. Und Belgier und Franzosen. Mittlerweile weiß ich ohne dass ich jeden verstehe, was Heiß und Kalt in zwölf Sprachen bedeutet. Der stetige Wechsel zwischen heißem Wasserfall und dem von unten durchdrückenden Schmelzwasser der Schneefelder um uns herum ist ein gemeinsamer Einstieg in kleine, nationenübergreifende Gespřäche im pupsschwefeligem Wasser. So leicht kanns gehen ;-)