Blickwinkel Oliver

08.07.2015 - Sisimiut

  

Endlich wieder ausschlafen. Frühstücken. Und nun? Sisimiut unsicher machen. Das geht schnell. Nach einer Stunde haben wir die Stadt umrundet. 20 Minuten langsamer als der Bus. Das Kino ist leider nur von Donnerstag bis Samstag aktiv. Schade. Der Hafen ist halt ein Hafen. Die Gebäude von KNI, sowas wie der grönländische Handelsmonopolist, dominieren neben der Fischfabrik. Nebenan im Jachthafen findet eine kleine Regatta statt, bei der eine Reihe Männer in Kajaks gerade aufs Meer hinausfahren. Wir gehen rauf zur Kirche. Dort ist das Museum mit der kompletten Geschichte... Die innerhalb eines Raumes vom Urleben, Kolonialismus und Walfang berichtet. Kleben geblieben sind wir allerdings an einer Filmdoku von einem Dr. Knut Rasmussen, der 1933 versucht hat das ursprüngliche Leben der Inuit ohne den europäischen Einfluss zu schildern. Dabei darf Spiel, Spaß und Action, sowie ein Inuk-He-Man allerdings nicht fehlen. Zum Teilchen essen gings in die einzige Bäckerei im Ort mit dem Flair einer Schulkantine. Alle cafeähnlichen Einrichtungen scheinen aus Schulinventar zusammengeschustert zu sein. Bei der geblümt gekleideten, freundlichen Bäckerin und der süßen Auslage muss ich an ein Lied von Peter Fox denken, das irgendwas mit Schütteln zum Thema hat. Es ist saugemütlich und wir beobachten das Ein und Aus der Mittagspausengesellschaft. Ich beschließe abends in die Sauna in der Sporthalle zu gehen. Der etwas überraschte Aufpasser, der gerade die Eingangstüren himmelblau streicht, nimmt mir 50 Kronen ab und ich hab den Kasten für mich. Abends am Esstisch in unserer Herberge ist dann schließlich Reunion aller ACT-Wanderer, die wir unterwegs getroffen hatten. Bis heute sind schließlich alle eingetroffen: das Polenpärchen, ein deutsches Pärchen, die Ich-Liebe-Mich-Frau, die den ganzen Tisch unterhält und versucht zwei Schweizer während Scrabblespielen zu bezirzen. Aber die wollen nicht so: "Hey und was macht ihr so in der Schweiz?" - "Nun, vornehmlich leben." - "Hahaha, ach nee. Dann muss ich wohl anders fragen. Von was lebt ihr?" - "Nun, vornehmlich von Arbeit"... usw. Frances schreibt gerade alle fehlenden, also alle, Tagebucheinträge nach. Ich sitze gerade daneben und nuckle beim Schreiben an einer Flasche Wasser mit Sirup, Geschmack "Sport". Schmeckt superlecker künstlich. Was da so drin ist... Hmm.... E330, 952, 951, 954, 331, 202, 211, 160a, 141, 300, 415, Wasser und Säure. Nun, das kommt wenigstens alles raus, wie es reingekommen ist, glaub ich... hoff ich. Jetzt ab ins Bett. Ich kann die Haha-Stimme nicht mehr ab. Außerdem haben wir beide so schön große Betten... ;-) Im Bett gehe ich kurz in mich und ich stelle fest, dass mich vor drei Jahren auf dem Jakobsweg eine solche Frau durchaus angezogen hätte. Sie äußerte nebenläufig mit einladendem Bedauern, dass sie morgen den Berg allein besteigen müsse. Ich wäre der erste gewesen, der rein zufällig auch da hoch wollte. Jetzt kommt mir die Frau, die beruflich wohl Medienpsychologin ist und in vielen, gewollt publikumswirksamen, beiläufigen Sätzen einstreut, dass sie Filme macht, hier und dort in Europa ja schon alles gesehen hat, vor allem rastlos jung vor. Vor drei Jahren hätte ich sie vermutlich auf einen Sockel gestellt. Wie einen Begegnungen doch ausgeglichener werden lassen.