24.07.2012

Der Tag beginnt früh. Nein :) Nicht so früh. Die abendliche Medikation hat gut geholfen und ich konnte Ina erfolgreich davon überzeugen, dass es eine gute Idee wäre, zur gewohnten Zeit aufzustehen. "6 Uhr!" Nein Ina!. Halb 7....meinet wegen. Nein, ich verstehe ja auch. Der Sonne wegen. Es sollten heute noch weitere 4 Grad auf die Spitzentemperatur von gestern werden. Nach Miráz ist es durch unseren gestrigen Vortrieb nicht mehr wirklich weit. 25 km viellicht. Dennoch. Die Nacht war kurz, u.a. bedingt durch die ab 22 Uhr ankommende LKW-Schar, die ihren Tag ebenfalls auf dem gegenüberliegenden Parkplatz, zu deren sinnlos laufwenden Motoren sich ab und an das Zwiebeln einer bluthungrigen Mücke mischte. Ina war unruhig. Ich bot mich als Retter an, in dem ich meine Bettdecke bis auf ein adäquates Minimum herunterzog und somit meine Arme und Beine der vampirgeleichen Blutsucht preiszugeben und damit von Ina abzulenken. Erfolglos. Ina muss heißer gewesen sein ;) Und beim Anblick in mein morgentliches Spiegelbild zeichnete ich heraus, dass es in den nchsten Etappen deutlich relaxter zugehen sollte. Ina war munter. Ich versteh das nicht. Aber gut, für lange ausschlafen sind wir nicht hier. Die Sonne geht auf. "Auf gehts. Ab gehts. 3 Tage wach..." Der Weg war schön. Ganz Galizien ist schön und so ging es gut voran von einer Bar am Ende der N634, die seit der französischen Grenze den Camino immer wieder gekreuzt und begleitet hat, weiter über einem schönen abgelegenen Café mitten im Nirgendwo (dort steckt grad mein Kartenfähnchen), bis hin zur Herberge von Miráz. Wir kamen vorbei an einem Stand voll mit Pilgertand, alles handgemacht jaja...sind wir hier aufm Pottmarkt oder was?! Kam mir schon etwas verdächtig vor. An der Herberge dann die Gewissheit. Ina nannte es PS - Pilgershock. Wir sind jenseits der 100 km Marke. Die PPS - Plastikpilgerschar tritt erstmalig in Eracheinung, die ich bislang gedanklich noch gut auf den Camino Frances verdrängen konnte. 30 Rucksäcke standen da. Die ersten warteten seit 9 Uhr. Ich war entsetzt, dass die PP schon so schlimm umsich geschlagen hatte. Wir zuckten die Achseln und machten uns davor erstmal entspannt auf Inas Isomatte breit. Da stehen wir drüber. Ina klassifizierte uns kurzerhand zu SPV - Speedpilgerverweigerer. Gute Einstellung. Wir haben ein Zelt und zwei Isomatten. Das Wetter spielt uns in die Hände. Wir übernachten im Garten, dachten wir. Dachte aber die englische Hospitalera so ganz und gar nicht: "Basically, the simple answer to that question is no!", oxfordenglischte sie uns nüchtern entgegen. "The well is draining and its hardly sufficient water for these 26 people." Yo. Watt nu? Schlage wildcampen vor, als die gute Frau sich doch noch einer Alternative besinnt und uns eine geheimnisvolle Schatzkarte unter die Augen hält. "There's some secret place near by called the beach. But I don't know further details. I just know that you need a tent." Ich sehe Leonardo DiCaprio vor meinem inneren Auge, wie er versucht durch den Dschungel vor einer eingefleischten Hippie Enklave zu flüchten. Egal. Da will ich hin. Strand im Zentrum Galiziens, wenn das nichts ist, dann weiß ich auch nicht. Ina smst Lois die Misère. Er will sie retten.... Toll..... Musste er aber nicht :) Wir machen uns nach einem Sello (den haben wir dann auch noch bekommen) kurzerhand und hochmotiviert auf den sagenumwogenen Weg to th beach. Und wir lieften und trieften bei 40 Grad right in the middle of nowhere, but not to the beach. Irgendwo durchs hohe Gras. Das fanden Inas Beine gar nicht toll und reagierten mit roten Warnpunkten. Wir trennten uns, hielten verzweifelt die Ohren nach vermeintlichem Wasserrauschen auf und fanden.....ein Stromhäuschen. Also zurück. Erstmal zu einem Friedhof an der Straße. Da sind Blumen. Und wo Blumen sind, da gibbet Wasser. War auch so. Wir setzten uns in den Innenhof und schauten auf die mehr als 200 Fassaden der in Wände eingelassenen Särge, auf die vielen überdimensional großen Kreuze darüber, die die bösen Geister ferngehalten sollen, auf die Wiese um die Kapelle in der Mitte des basketballfeldgroßen Areals.....2m mal 1.60m ... ist das dreist?! Vielleicht, aber ein Plan B. Where's the beach? Trennen uns wieder und Ina findet diesmal ein Stück begehbares Flüsschen. Wir setzen uns erschöpft und mampfen erstmal Brot mit Kiri und Milkaschokolade....nbrei. Ernüchterung. So gehts nicht weiter. Lasse Ina zurück und gehe auf die Suche und tatsächlich. Nach ner Dreiviertelstunde werde ich fündig. Ein kleines entlegenes Quellgebiet mit knietiefem Wasser und riesigen Sandsteinplatten davor, mitten im Wald und keine Hippies! Mir geht das Herz auf. Renne zurück und hole Ina. Ab ins a....kalte Wasser. Tag gerettet :) Das Zelt benötigen wir wahrscheinlich gar nicht. Sobald die Dämmerung einbricht, werden wir uns einfach auf eines der tagsüber aufgewärmten Felsplateaus legen und die Sterne zählen. Ich freu mich. Aber jetzt erstmal Sachen verstecken und runter ins Dorf zur Bar Bogadillos organisieren :) Bis morgen.