29.07.2012 "Well, it doesn't really mean the end of the world..."

Gestern haben wir beschlossen, heute noch einen Ausflug zu machen. Beim Frühstück haben wir entschieden. Finisterre soll es werden. Vigo wäre auch noch ein Plan gewesen, aber Finisterre ist irgendwie schlüssiger gewesen. Ich freue mich. Die Ecke ist schön und das Wetter wird so gut mitspielen, dass wir am Kap sicher Postkartenmotive haben werden. Lois hat die selbe Idee. Aber wie immer auf seine Weise ;) Er wollte aber zuvor noch zur Kathedrale. Wir fuhren gemeinsam um 12 Uhr die 3 Stunden zur Halbinsel. Pilgern im Zeitraffer. Als wäre dem Produzenten dieses Wanderschauspiels mittendrin die Kohle ausgegangen und nun muss das Finale herbeigefuscht werden. "Im Bus setzt ihr euch in Fahrtrichtung Links", weiß Lois. "Dann schaut ihr aufs Meer." Wir fahren vorbei an den Zwischenstationen, die ich damals gelaufen bin. Negreira, Muros, Noia, Cee ... Ein Fluss taucht immer wieder links auf, wird groß wie der Rhein, wird weit wie der Hardanger Fjord, nur dass auf den umgebenen Hügeln keine Birken, sondern Eukalyptusbäume wachsen. Die passen hier eigentlich gar nicht hin, sagen alle. Wurden nur wegen der Papierindustrie gepflanzt und lassen keinen anderen Pflanzen wirklich Raum zum wachsen. Muss nach 700 km Euka-Wäldern zustimmen. Und wie hässlich die Stämme erst sind! Schließlich bricht der Fjord auf zur Westküste. Das Meer. Wieder einmal. Wind. Höhere Wellen. Vorfreue mich aufs Wasser. Ina sieht ab und an gelbe Pfeile und Muscheln, hier und da ein Pilger. Ein Pilger wohin denn? Ist das noch pilgern? Hier der Muschel hinterher zu laufen ist eigentlich absurd. Das ist nicht der Jakobsweg, das ist der Sternenweg. Naja :) In Finisterre angekommen trennten sich die Wege von uns und Lois. Einerseits ist es schade, andererseits vollkommen in Ordnung. Er wird länger bleiben als wir. Ich fliege morgen mit der letzten Maschine, die in Paderborn landet. Ina fliegt 5 Stunden später zurück nach Frankfurt. Lois bleibt bis Donnerstag, schaut in Santiago noch einmal langsamen Schrittes nach dem rechten, bevor er hinter uns das Licht ausmacht und zu Hause seinen Hut bis zum nächsten Jahr wieder an den Haken hängt. --- Wir brauchten nicht lange nach Unterkunft zu suchen. Man wird direkt bei der Bushaltestelle von Einheimischen abgefangen. Wirkt ein wenig wie Bauernfängerei, meint Ina, während wir neben einem älteren Herrn mit halb aufgenüpftem roten Hemd zu seiner angepriesenen Herberge mit noch mehr angepriesenem Doppelzimmer folgen, aber es war wider Erwarten genau richtig. Wir sind heute noch gar nicht gelaufen. Das geht nicht :) Also Sachen packen und ab zum Hafen, lecker was essen. Endlich mal Paella für mich! Ina versucht sich unbeholfen an zwei unförmigen Fischklumpen. Na zum Glück, dass ich sie retten kann ;-p Danach gings zum Kap. Auf halbem Weg kamen uns wieder alte Bekannte des Wegs mit dem Auto entgegen. Die Welt ist hier hinten doch klein :) Das Kap selbst ist eine Touristenattraktion wie das Nordkap, nur nicht so groß. Pflichtfoto am 0 km Stein. Warum hat da noch keiner ein Gedenksteinchen draufgelegt wie sonst so oft auf dem Weg? Das geht so nicht :) Also zwei Mini-Gedenksteinchen von mir und Ina. Und ab zum Kap. Ganz vorne auf geht es tief hinunter. Es geht auch nicht groß jemand dort hin. Perfekter Ort, um sich mit dem Rucksack im Nacken auf die Steine zu legen und bei Abendsonne und intensiven Farben aufs Meer zu schauen. Fühle mich wie auf Deck 15 der Color Fantasy, die von Kiel nach Oslo fährt. Man schaut von 40m Höhe aufs offene Meer. Schlicht unersetzbar schön.............. 9,5 auf der Skala. Und so liegen wir dort 2 Stunden lang, ohne es wirklich zu merken oder viel zu reden. Zum Sonnenuntergang schlage ich den Naturstrand auf der Westseite des Kaps vor. Will schließlich nochmal im Meer baden. Also dann, rauf auf den dazwischen liegenden Hügel. Der sieht spannender aus als die Zufahrtstraße zum Kap. Irgendwie bekommen wir heute schon noch 10 km zusammen :) Die Strandbucht ist etwas aus der Reihe geraten im Vergleich zu den anderen Stränden, die ich auf dem Nordweg gesehen habe und der Sand ist rauh. Wie die Strände Djurslands in Dänemark irgendwie. Mit hohen Dünen anstatt Strandpromenade. Nur dass sie von Steilküsten eingerahmt sind. Ina begnügt sich damit, den großen Zeh ins Wasser hineinzustecken. Kann ich aber verstehen. Das Wasser ist 14 Grad "warm". Egal. Was muss, das muss, also rein. Es brennt und sticht...und brennt...und sticht....was ist hier nur mit dem Wasser los? So lässt sich nur bedingt Blauwal spielen. Ina steht am Strand und schaut herüber, als würde sie genau wissen, dass das nix wird. Hmpf. Also drei Purzelbäume noch und raus hier. Ich bin total unterkühlt. Aber egal. Die Sonne will ins Meer platschen und es ist keine Wolke am Himmel. Erlaubter Kitsch, meint Ina. Vielleicht kommen ja auch die Delfine. Das wäre arg grenzwertig. Aber den Abspann unserer beider Reisen möchten weder Ina noch ich uns entgehen lassen. Also einpacken in die Windjacken und auf Inas Isomatte kauern. Und so wird's mir auch wieder wärmer :) Der Abspann beginnt; mit einem roten Ball, der langsam aufs Wasser sinkt und das Licht am Himmel ringsum in alle Spektralfarben bricht. In der Strandbucht versammeln sich vereinzelte Nachtschwärmer und tun das selbe wie wir. Manche machen auch ein Feuer. Ein Hund gesellt sich für ein paar Minuten zu uns. Wirkt irgendwie herrchenlos und schmiegt sich an Inas Bein. Man kann ja mal so tun, als ob. Zumindest werden wir jetzt eine Weile gut bewacht :) Ein Pärchen neben uns macht gegenseitige Schattenportraits gegen das Sonnenlicht. Dann geht die Sonne unter und es wird schlagartig kalt. Mir wird kalt. Ich bin immer noch unterkühlt und klapper vor mich hin. Ina fragt, ob wir ggf. aufs Zimmer gehen sollten. Ich will nicht. Lieber frier ich als von hier wegzugehen. Ina hat noch ihr Handtuch. Das kann ich mir um die Schultern legen. Ich entkrampfe mich und es wird warm. So soll es bleiben. So soll es nie enden. Und es wird schwarz. 10 auf der Skala.

28.07.2012

Der Tag danach. Halb 9. Ich sitze in einem Himmelbett. Lois ist duschen, Ina auf dem Bett im Idle Modus. Von draußen hört man das Brunnenplätschern im Innenhof des Parador Hotels. Vom Bett aus schau ich genau auf die beiden Kathedralentürme. Man hört Jubelrufe, Gelächter und Gruppengesänge der ankommenden Pilger. Gleich gibt's Frühstücksbuffet mit allen .... Hoffentlich auch mit Churros ... Und Ei? Und Speck? Oooooh ich freu mich :) --- Heute war Entschleunigen angesagt. Entschleunigen. Ein Lieblingswort von Lois. Wenn er nicht gerade langsamer wird oder an Geschwindigkeit verliert, dann entschleunigt er alternativ auch schonmal, begleitet von Ausdrücken ausdrücklicher Gelassenheit. "Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie gut es mir hier geht." Lois ist ein Charakterkopf und behauptet seine Individualität auch als Rektor seiner Schule. "Mir kann keiner was." Er erzählt viele Anekdoten seines irdischen Daseins und ich kann ihn mir sehr gut vorstellen. Er erinnert mich stark an Willi Nüßer, einen meiner ehemaligen Informatikprofessoren. Er selbst zückt sein Handy und zeigt mir ein selbstgemaltes Bild eines Kollegen. Man sieht darauf ein Schulgebäude, davor sitzt Pettersson von Pettersson und Findus. Ja. Das ist er :) Um 4 Uhr hatte er uns eine Führung aufs Dach der Kathedrale organisiert und wir gingen rauf. Es ist nicht sehr hoch aber es ist erstaunlich, wie verwinkelt der Bau hinter der Fassade ist. Erstaunlich ist, dass auf den Türmen kleine Bäume und Büsche wachsen, in jedem Schmuckgiebel eigentlich. Müssen wohl mit den Möven da oben hingelangt sein. Ich war fürchterlich verspannt. Ist ja auch ein võllig ungewohnter Tag gewesen, ohne 8 kg aufm Rücken, ohne 30 km laufen. Da kommt so ein Nacken adhoc nicht mit klar. Ina war auch hundemüde und so beschlossen wir ins Hotel zu gehen. Viel passiert ist den Tag ohnehin nicht. Entschleunigen halt :)

27.07.2012

Jaja, es geht wieder los mit dieser bleiernden Melancholie. Das letzte Mal den Rucksack packen. Die letzte Etappe. Das Ziel ist so nah und die Gedanken noch sooo fern. Den Weg noch 100% in den Gliedern und kein Vergang. Eher Aufbau. Verjüngung. Und doch geht alles zuende ... Buäähähähäää! Was bin ich doch manchmal für ein weinerlicher Waschlappen. Jetzt ist der Weg voll. Die Steine auf der Pilgerschotterbahn, die weitestgehend entlang der Überlandstraße verläuft sind glatt und glänzend gescheuert von der täglichen Pilgerschar. Ich habe das Gefühl, die letzten Kilometer schmelzen nur so dahin. Bei jedem Stein erschrecke ich mich ein bisschen und versuche die verbleibende Strecke irgendwie gedanklich zu verlängern. Schon eigenartig. Da erwartet man jeden Tag sehnsüchtig das Ende einer Etappe und wenn es dann dem tatsächlichen Ende entgegen geht, möchte man den Weitwinkel auf Maximum drehen. Ich gebe zu, ob ich es so sehen würde, wenn ich alleie gegangen wäre, lässt sich durchaus bezweifeln. Das kann ich aber nur schwer einschätzen. Ich vergleiche die Strecke mit damals 2007. Es ist ganz anders. Gut, offensichtlich in jedem Falle. Ich laufe nach 700km an einem Stück in SDC ein. Ich habe mein Rucksackgewicht von damals 15 auf jetzt 7 Kilo reduziert und man schaut oft skeptisch und fragend auf mein Schuhwek. "Wie? Damit kann man...?" Ja, damit kann man. Und innerlich? Ich kenne die Strecke noch gut und weiß ziemlich genau, wo ich damals Dias gemacht habe. Wehmut empfinde ich überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Ich empfinde das Hier und Jetzt und es ist absolut richtig. Und Ina als Weggefährtin? Wer wenn nicht Ina? Wir laufen in Richtung SDC Flughafen und direkt vor uns steigen die Flieger in die Luft. Gleich kommt der Santiagostein. Gemeinschaftsfoto machen. Auf der letzten Etappe ist viel touristischer Kappes entstanden. Autoservices, um die Rücksäcke für die Liebe PPS zu befördern kannte ich ja bereits. Hinzu kommt, dass überall Herbergen angeschlagen stehen oder jemand am Wegesrand wartet, um Kärtchen mit Beschreibungen zu verteilen. Einbeinige Radfahrer, die Stempel verteilen und eine kleine Spende haben möchten für Protesen. Caminowirtschaft. Das Edelste: eine Lichtschranke. Wenn man hindurchläuft ertönt 20m weiter ein blechernder Brüllwürfel los und wünscht (im Namen des Hotels natürlich) auf spanisch und englisch einen Guten Weg. Geil. Muss ich gleich nochmal durchlaufen. Oh, Ina is making a fancy movie. Alle guten Dinge sind drei, aber diesmal voller Überraschung und Freude über diesen herzlichen Gruß. Dann folgt der letzte Anstieg des Wegs auf den Monte de Gozo, wo die grßte Herberge des Wegs mit ca. 2400 Betten steht. Letzte Pause. Letztes Eis. Santiago ist direkt am Fuße des Berges. Zwischenzeitlich hat Lois geschrieben, dass er ein Zimmer für uns drei reserviert hat und wir herzlich eingeladen sind. Na wenn das kein entspanntes Einlaufen wird :) Viele Pilger lassen hier oben symbolisch schon einige ihrer Dinge zurück. Schuhe, Muscheln, einfach nur Steine in Gedanken an Daheim gebliebebene, persönliche Artefakte.... Und wir laufen ein. Noch 4,7 km sagt ein Schild. Fühlt sich ein bisschen an wie die Eifahrt mit dem Zug in den Leipziger Hauptbahnhof. Es wird früh angekündigt und alle Zeichen deuten auf eine Sackgasse hin mit vielen Gleisen und einer übergrosßen Halle. Ortsschild. Weiter durch die Vorstadt bergauf. Vorbei an vielen Herbergen und Herbergswegweisern. 2 km. Weiter in die Altstadt. Es wird enger und kühler. Ich werde langsamer. Möchte dass Ina mich einholt und wir zusammen ankommen. Mehr als 500m können es nicht mehr sein. Ha. Da kann ich ja mal tüchtig angeben: "Ich weiß wo's langgeht. Wenn man jetzt da links..." "Boah nicht sagen!" Hm. Scharfe Antwort. Dann kommt linksseitig die Kathedrale mit dem Pilgereingang, vor uns ein Tunnel, der zum Platz davor führt und dann wird es hell. Von der Kathedrale schlägt es tief und donnernd 3 Uhr. Mann sind wir pünktlich. Der Vorplatz der Kathedrale ist im Grunde ein großer, freier, rechteckiger Platz, auf dem die Strahlen der Jakobusmuscheel symbolisch vor dem Hauptportal zusammenfließen. Die Nordseite bildet die bekannte Kathedralenfassade. Ostwerts gehts in die Altstadt. Südlich ein Gebäude mit schattigen Akaden und westlich die breite Front des Parador Grand Hotels. Alle kommen hier an. Im Minutentakt treffen Pilger ein und treffen sich wieder. Viele Menschen sind hier und einige Rucksackinseln. Pilger und Touristen, die Fotos von sich machen. Ina entdeckt Lois. Er sitzt mit seinem Indiana Jones Hut mitten in allem auf dem Boden und wartet auf uns. Wir werden freudig begrüßt und umarmt. "Setzt euch und genießt es." Ich lasse meinen Rucksack fallen und setze mich daneben. Körperlich spüre ich rein gar nichts und schaue eine Weile in die entgegengesetzte Richtung über Lois und Ina hinweg. Ich fühle mich eigenartig. Weder froh, da zu sein, noch traurig, dass es zuende ist. Vor 5 Jahren war der Weg hier nicht zuende. Sollte eigentlich auch jetzt nicht sein. Ist aber nun so und Ina ist Schuld. Nichts, was ich bereuen werde. Aber die Karte von SDC nach Finisterre könnt ihr jetzt knicken :-D Ach ja, da war ja nochwas. Drehe mich zur Kathedrale um. Und wegen dir bin ich hier? Nein, ganz sicher nicht, aber schön, dass du auch da bist :) Wir setzen uns in den Schatten und beobachten weiter die ankommenden Pilger, da kommt auch Aitor mit seiner Schwester auf uns zu und begrüßt uns. Er ist aber schon eine Weile hier. Das Ankommen ist halbwegs verarbeitet. Ich ruf mal zu Hause an.... Und jetzt wir :) Fotosession. Ina mit Lois Ich mit Ina. Ina mit mir und Lois. Ina allein in einer recht anstrengend aussehenden Joga-Figur. Nein, wie individuell ;-p Ich von hinten. Ja, das hat was. Und nochmal ich und Ina und jetzt mit Sprung. Ich hab zwei drei Fotos hochgeladen ;) Anschließend ging's zum Pilgerbüro, die Compostela abholen. Stehe vor Tresen Nr. 8. Hmmm, damals konnte man sich noch setzen. Ob ich aus religiösen Gründen oder anderen gegangen wäre.....denke an meine Absichten, denke an den Sternenweg. Denke an den Jakobsweg. Gebe beides an und bin seither Besitzer zweier Compostela Urkunden. Fühle mich befördert. Und jetzt zum letzten Mal raus aus den Schwitzklamotten. Also Lois, ab zum Hotel. Zurück zum Platz erstmal, meint er. Na gut. Wir gehen zum Platz und ich gehe zielsträbig aufs Parador zu. Lois kommt mit. Ha. Witzplätzchen, mal sehen wer zuerst umdreht. Lois dreht nicht um. Ich stehe auf der Schwelle und schau ihn irre an. Lois geht an mir vorbei und rechts zur Rezeption, wo man nur noch unsere Persos braucht. Ina quiekt. Ich bin völlig fertig. Lois kommt zum 5. Mal in Santiago an. Sein Wohnzimmer ist der Kathedralenplatz. Er empfindet jedes Jahr als Zugabe, das er noch ankommen kann und 2012 wäre für ihn der richtige Zeitpunkt, um genau das zu machen. Alleine hätte er es nicht gemacht. Aber warum wir?! Abends gehts zum. Essen. Er kennt sich hier aus und so gehts durch eine schmale Gasse in eigene kleine Art Innenhof in ein Restaurant abseits der Touristenlinien. Im Anschluss trafen wir noch ein paar alte Gesichter vom Weg. Vielleicht ein letztes Mal, denn mit ziemlicher Sicherheit wird sich jetzt alles zerlaufen. Zum Abschluss sind wir noch zu einem Seitenplatz neben der Kathedrale gestiefelt, wo traditionell galizisch geprägte Lifemusik aufgeführt wird. Was das hier genau bedeutet, will nicht ganz in den Längen- und Breitengrad passen. Ich hab mal versucht, es auf Video aufzunehmen. Wir tanzten und hörten zu bis etwa 3 Uhr nachts und vielen dann wie tot ins Bett. Was für ein Abschluss.

26.07.2012

Ein Wecker klingelt. Gefühlt ist es 3 Uhr. Ich bin noch viel zu müde dafür, dass es später sein könnte. Franzosen.... Und der Wecker klingelt. Alle scheinen schon wach, nur nicht der Besitzer des Weckers. Nach ner halben Minute hört er auf und ich will mich noch einmal für 3 Stunden umdrehen. Und der Wecker klingelt schon wieder. Herrgott, die Franzosen. Jetzt klingelt auch ein zweiter und ich bin wach und genervt. Stirnlampen leuchten auf. Ich bin immer wieder begeistert, wie all die Stirnlampenpacker tatsächlich glauben können, es würde weniger stören, ein mit Flüstern und Knistern untermalte Aneckkoreographie durchzuführen, während die Stirnstahler für das notwendige Discofeeling sorgen. Manchmal trifft mich der Schein und ich versuche entnervt die Uhrzeit am Handgelenk zu entziffern. 6:45. Eine Schreckliche Erkenntnis. Alle 13 Insassen unseres Refugios sind wach und versuchen angestrengt in der Dunkelheit die schlafenden Pilger so wenig wie möglich zu stören. Sehr aufmerksam! Kann jetzt mal einer das Licht anmachen?! --- Wir gingen los. Die Strecke war uniform und es gibt im Grunde wenig Neues zu berichten. Es ist wolkiger geworden und ein schöner Wind nahm einem das Gefühl der Sonne hilflos ausgelieferrt zu sein. Bis Arzúa verlief der Weg vorwiegend auf kleinen Landstraßen und ich erwartete schon ein bisschen ungeduldig das Aufeinandertreffen mit dem Hauptweg. Ein paar bekannte Ortschaften hatten sich schon auf Straßenschildern angekündigt. Melide, 18 Km südlich. Da war ich schon :) Dann kam Arzúa. Der Camino del Norte endet unvermittelt und schlagartig als Straßenabzweig auf der Hauptstraße nach Santiago, die mitten durch den Ort führt. Ich bin etwas ernüchtert. Kam mir bislang schon immer etwas geborgener auf "unserem" Weg vor. Jetzt werden wir Teil der Masse wie der Ellerbach, der in die Alme mündet....Hmmm...Na gut, vielleicht wie die Lippe in den Rhein... Tropfen im Meer, wie auch immer. Ina hat sich an den Pilgerstrom gewöhnt und fragt mich, was ich erwartet hätte, ein Willkommenskomittee oder so?! ...... Hmm...... Ja!!! ..... Ich brauchte ne Kas Naranja und wir steuerten eine Bar an. Ab dort gabs neue Muschelwegweiser von A Coruña. Noch 37 km. Bei Salceda, km 27 hatten wir am Tag zuvor ein Hostal gebucht. Wir wären fast dran vorbei, wenn nicht ein Junge, der uns fragte, ob wir russisch könnten, abgefangen hätte. Russisch. Das ist mal individuell, zumindest hier. Er versuchte und wirklich in vielen Sprachen zu begrüßen, von denen keine verständlich war. Inas Spanisch war ja langweilig ;) Die Herberge war toll, ganz nach meinem Geschmack: Eine Mischung aus 100 Jahre alten Gemäuern und einer Inneneinrichtung wie in Raumschiffen bei Star Trek. Sitze auf dem Klo und schaue total begeistert in jede Ecke...in die Dusche....auf die Glasfassaden.... es wäre doch zu schön gewesen, wen nicht passende Aluelemente nicht einfach nur mit Tesafilm festgeklebt und unter der Milchglasscheibe der Dusche das Wasser stünde und langsam aber sicher das darunterliegende Parkett zu Holszbrei aufschwämmen würden. Draußen wird der Himmel gelb. Ina stürmt schon mit dem Fotoapparat umher, Wolken Knipsen. Über uns ist eine Gelbe Wolkengischt die schnell von einer tiefgrauen, sich im Halbkreis ausbreitenden Wolkenwelle verdrängt wird. Independece Day. Was wollen die hier? Ich erwarte das Schlimmste, aber so wie gestern schon löst sich das Ganze nach gut einer Stunde und viel Wind und Geblitze in Wohlgefallen auf. Bin verwirrt und entäuscht, heut passiert aber auch gar nichts. Morgen ist Finale. Noch einmal früh raus und noch einmal ganz viel Buen Camino. Also ab ins Bett und diesen mehr oder minder ereignislosen Tag beenden. Ina smst noch mit Lois. Wir wollen uns morgen in Santiago treffen. Ob er us ein adäquates Zimmer besorgen soll, fragt er. Warum nicht? Wir drei mitten in Santiago und nicht der großen Herberge und es laufen die Apóstolo-Festivitäten mit Tanz und Musik bis zum 31. "Das wäre würdig und recht." ;)

25.07.2012

Namenstag des Hl. Jakobus. Gegen 2 Uhr nachts. Ina schnarcht neben mir, ja wirklich ;-p 8 mal! Die Sandsteinplatten sind noch warm. Sehr warm sogar. 25 Grad würde ich schätzen. Die Luft hingegen hat sich auf um die 12 Grad heruntergekühlt. Ich kann meinen Atem sehen. Ein komisches Gefühl einen wohlig warmen Rücken zu haben, während ich oben auf kaum weiß, wie ich mich warm halten soll. Kann mich ja drehen wie ein Steak aufm Grill. Tolle Idee. Mein Schlafsack hält offiziell bis 11 Grad plus. Nie und nimmer tut er das. Ich hole meine Windjacke raus, pack mich ein und verschränke die Arme hinter dem Kopf. Ich bin kaum müde. Von weitem hört man eine Band spielen. Muss wieder so eine Fiesta in irgendeiner Stadt sein. Ab und an knallen dumpf ein paar der besagten Fiesta-Böller in der Luft. Der Himmel ist glasklar und der Halbmond ist untergegangen. Das Firmament ist übersäht mit weißen schlierenartigen Gebilden neben zwei Strägen der Milchstraße. Es muss verdammt klar sein, Wolken sind die Schlieren jedenfalls nicht, vielmehr Sternkonstellationen, die man zu Hause doch eher selten zu Gesicht bekommt. Ich sollte Ina wecken, wenn es soweit ist, dass man die Sterne sieht. Mach ich aber nicht. Wenn sie so schlecht schläft wie ich kann es nur richtig sein sie eben damit fortfahren zu lassen. Vielleicht schnarcht sie ja nochmal für mich :) Oh da! Ach Nee. Nur eine Unregelmäßigkeit in ihrem Atemrhythmus. Wenn das noch weiter runtergeht mit der Temperatur muss ich improvisieren. Den Zeltunterboden werde ich noch auf meinen Schlafsack legen. Zumindest den Tauniederschlag des Fallwinds wird er abhalten.

6:30. Hatte vielleicht 3 Stunden geschlafen aber fühlte mich fit. Kein Vergleich zu gestern. Ina meint, die Ley Linien. Hmm. Warum nicht. Ein weiterer Tag Gluthitze stand vor uns aber er ging runter wie Öl. Aaaahaha. Landschaftlich nichts bedeutsam Neues. Wir haben uns zügig rangehalten, um der Mittagshitze möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Sharon gesellte sich für knapp ne Stunde zu uns. Extrovertierte, vorwärtsgerichtete Adventure-Frau, die hörbar gerne von ihren Langzeitreisen und Projekten in Australien, Spanien, Indien und wasweißich wo erzählt. Machte Spaß ihr zuzuhören. Sie kommt aus Cork und arbeitet als Stadtplanerin. Der Job gibt ihr die Freiheit immer wieder mal ein oder zwei Jahre auszusetzen und dann zurückzukehren. Bin beeindruckt. Sie blieb dann zurück, wir waren ihr zu schnell :) Naja, verständlich, denn wir waren schon zweieinhalb Stunden und 10 km auf den Beinen... ohne Bar und ohne Frühstück! Wann wird denn wohl...ach da. Da? Ein selbstgemaltes Schild wies auf einen Bauernhof mit viel Muh und Mäh. Wir machten die unscheinbare Tür des Wohnhauses auf und stehen mitten in einer privaten Küche, in deren Mitte bereits 8 Pilger um eine Kochinsel sitzen und ein Frühstücksbuffet aus Baguette, selbstgemachtem Käse, Kuchen und Obst zu sich nehmen. Perfekt. Und so konnten wir uns noch einmal in gemütlicher Runde stärken, bevor es dann weiter ging hinein in die aufkommende Hitze, durch die bekannten Hohlwege, über dahinschmelzende Asphaltstraßen, einer weiteren Bar, bis hin nach Sobrado dos Monxes, das schon weit hin in Form der beiden Kirchtürme auftauchte. Je näher wir kamen, desto mehr entpuppten sich die Türme als unser Tagesziel, dem angeschlossenen Kloster, dessen ehemalige Pferdestallungen zu Refugios umgebaut wurden. 120 Betten, die zum Abend hin kaum reichen sollten. Im Innenhof steht ein 5 Mann Zelt einiger Nachzügler. Wir kommen halb 2 an. Erstmal duschen. Supermercado. Baum. Schatten. Isomatte. Flätz. Hamm. Gluck. Schnarch. Stunde später..... Ich blinzel in die Sonne durch Inas übergroße Sonnenbrille, die durch das windumspielte Blätterdach blinkt. Wann hatte ich das letzte Mal die Ruhe und die Zeit dafür?! Ein Gewitter zieht auf und ersetzt die warnenden Schleierwolken durch Wind bringende Kumulushaufen. Morgen soll es gewittern. Heute waren nur ein paar himmlische Magenverstimmungen zu hören. Recht so, denn um 19 Uhr besuchten Ina und ich die Messe zusammen mit den hiesigen Mönchen. Die Zeremonie wurde weitestgehend durch die Mönchsgesänge geleitet. Eine Stimme gleich zu Anfang war herausragend ... und Ina reckte den Hals ;) Ich war ein bisschen froh, dass viel gesungen wurde, denn außer dem Vater Unser und "Wort des lebendigen Gottes" konnte ich kaum etwas erkennen. 'Spanisch lernen' schießt mir durch den Kopf. Ich verstehe von der Sprache bei konzentriertem Hinhören durch mein Französisch zwar des Öfteren den Sinn, aber was nützt es, wwenn ich nicht "Dank sei Gott dem Herrn"auf die Reihe bekomme? Ich habs mir gedacht. Das zählt auch, finde ich. Für heute. --- Auf dem Vorplatz der Kirche tummelten sich einige Schulklassen, die uns die letzten Etappen bis Santiago sicherlich begleiten werden und sammelten sich auf der Wiese in jahrgangssortierten Kreisen. Wir sind viele geworden. Einige bekannte Gesichter tauchen ab und an noch auf und es ist ein bisschen so, als würde man sich auf einem Jahrmarkt wiederfinden. Ich vermisse die Küste. Morgen durchlaufen wir Arzúa und treffen damit auf den Camino Francés. Dort habe ich vor 5 Jahren bereits geschlafen. Mal sehen, ob ichs wiedererkenne. Mal sehen, wie es mir geht.

24.07.2012

Der Tag beginnt früh. Nein :) Nicht so früh. Die abendliche Medikation hat gut geholfen und ich konnte Ina erfolgreich davon überzeugen, dass es eine gute Idee wäre, zur gewohnten Zeit aufzustehen. "6 Uhr!" Nein Ina!. Halb 7....meinet wegen. Nein, ich verstehe ja auch. Der Sonne wegen. Es sollten heute noch weitere 4 Grad auf die Spitzentemperatur von gestern werden. Nach Miráz ist es durch unseren gestrigen Vortrieb nicht mehr wirklich weit. 25 km viellicht. Dennoch. Die Nacht war kurz, u.a. bedingt durch die ab 22 Uhr ankommende LKW-Schar, die ihren Tag ebenfalls auf dem gegenüberliegenden Parkplatz, zu deren sinnlos laufwenden Motoren sich ab und an das Zwiebeln einer bluthungrigen Mücke mischte. Ina war unruhig. Ich bot mich als Retter an, in dem ich meine Bettdecke bis auf ein adäquates Minimum herunterzog und somit meine Arme und Beine der vampirgeleichen Blutsucht preiszugeben und damit von Ina abzulenken. Erfolglos. Ina muss heißer gewesen sein ;) Und beim Anblick in mein morgentliches Spiegelbild zeichnete ich heraus, dass es in den nchsten Etappen deutlich relaxter zugehen sollte. Ina war munter. Ich versteh das nicht. Aber gut, für lange ausschlafen sind wir nicht hier. Die Sonne geht auf. "Auf gehts. Ab gehts. 3 Tage wach..." Der Weg war schön. Ganz Galizien ist schön und so ging es gut voran von einer Bar am Ende der N634, die seit der französischen Grenze den Camino immer wieder gekreuzt und begleitet hat, weiter über einem schönen abgelegenen Café mitten im Nirgendwo (dort steckt grad mein Kartenfähnchen), bis hin zur Herberge von Miráz. Wir kamen vorbei an einem Stand voll mit Pilgertand, alles handgemacht jaja...sind wir hier aufm Pottmarkt oder was?! Kam mir schon etwas verdächtig vor. An der Herberge dann die Gewissheit. Ina nannte es PS - Pilgershock. Wir sind jenseits der 100 km Marke. Die PPS - Plastikpilgerschar tritt erstmalig in Eracheinung, die ich bislang gedanklich noch gut auf den Camino Frances verdrängen konnte. 30 Rucksäcke standen da. Die ersten warteten seit 9 Uhr. Ich war entsetzt, dass die PP schon so schlimm umsich geschlagen hatte. Wir zuckten die Achseln und machten uns davor erstmal entspannt auf Inas Isomatte breit. Da stehen wir drüber. Ina klassifizierte uns kurzerhand zu SPV - Speedpilgerverweigerer. Gute Einstellung. Wir haben ein Zelt und zwei Isomatten. Das Wetter spielt uns in die Hände. Wir übernachten im Garten, dachten wir. Dachte aber die englische Hospitalera so ganz und gar nicht: "Basically, the simple answer to that question is no!", oxfordenglischte sie uns nüchtern entgegen. "The well is draining and its hardly sufficient water for these 26 people." Yo. Watt nu? Schlage wildcampen vor, als die gute Frau sich doch noch einer Alternative besinnt und uns eine geheimnisvolle Schatzkarte unter die Augen hält. "There's some secret place near by called the beach. But I don't know further details. I just know that you need a tent." Ich sehe Leonardo DiCaprio vor meinem inneren Auge, wie er versucht durch den Dschungel vor einer eingefleischten Hippie Enklave zu flüchten. Egal. Da will ich hin. Strand im Zentrum Galiziens, wenn das nichts ist, dann weiß ich auch nicht. Ina smst Lois die Misère. Er will sie retten.... Toll..... Musste er aber nicht :) Wir machen uns nach einem Sello (den haben wir dann auch noch bekommen) kurzerhand und hochmotiviert auf den sagenumwogenen Weg to th beach. Und wir lieften und trieften bei 40 Grad right in the middle of nowhere, but not to the beach. Irgendwo durchs hohe Gras. Das fanden Inas Beine gar nicht toll und reagierten mit roten Warnpunkten. Wir trennten uns, hielten verzweifelt die Ohren nach vermeintlichem Wasserrauschen auf und fanden.....ein Stromhäuschen. Also zurück. Erstmal zu einem Friedhof an der Straße. Da sind Blumen. Und wo Blumen sind, da gibbet Wasser. War auch so. Wir setzten uns in den Innenhof und schauten auf die mehr als 200 Fassaden der in Wände eingelassenen Särge, auf die vielen überdimensional großen Kreuze darüber, die die bösen Geister ferngehalten sollen, auf die Wiese um die Kapelle in der Mitte des basketballfeldgroßen Areals.....2m mal 1.60m ... ist das dreist?! Vielleicht, aber ein Plan B. Where's the beach? Trennen uns wieder und Ina findet diesmal ein Stück begehbares Flüsschen. Wir setzen uns erschöpft und mampfen erstmal Brot mit Kiri und Milkaschokolade....nbrei. Ernüchterung. So gehts nicht weiter. Lasse Ina zurück und gehe auf die Suche und tatsächlich. Nach ner Dreiviertelstunde werde ich fündig. Ein kleines entlegenes Quellgebiet mit knietiefem Wasser und riesigen Sandsteinplatten davor, mitten im Wald und keine Hippies! Mir geht das Herz auf. Renne zurück und hole Ina. Ab ins a....kalte Wasser. Tag gerettet :) Das Zelt benötigen wir wahrscheinlich gar nicht. Sobald die Dämmerung einbricht, werden wir uns einfach auf eines der tagsüber aufgewärmten Felsplateaus legen und die Sterne zählen. Ich freu mich. Aber jetzt erstmal Sachen verstecken und runter ins Dorf zur Bar Bogadillos organisieren :) Bis morgen.

23.07.2012

Die Nacht war kurz, aber vollständig durchschlafen ;) und so sind wir um 07:30 auch losmarschiert. Erstmal auf die gewohnte N634. Mittlerweile lassen sich für verschiedene Status von Pilgern durchaus Standartabkürzungen bilden: AP - Autobahnpilger, sagt Ina. Pilger an Autobahnen und Nationalstraßen, gut erkennbar durch Frisuren wie nach einer Atombombenexplosion durch vorbeifahrende LKWs. Gibt's leider ein paar solcher Stellen. PP - Pilgerpanik oder auch Pilgerpest: Das Gefühl, sich auf langen Landstraßen nach Pilgern umzuschauen, die einen überholen könnten, um den Herbergsplatz zu erchtet, aber es besteht die stetige Gefahr sich anzustecken. Ina steht mrgen um 6 Uhr auf. Ohje. Erste Symptome. Bislang iwurden PPs in geringer Anzahl gesichtet. Hier im Norden hält sich's in Grenzen und so bin ich noch guter Dinge, dass Ina sich ohne Fremdeinwirkung erholen wird. Mal sehen, welche Arten sich noch herauslösen. Auf halben weg zur nächsten Bar und damit zum nächsten größeren Ort Vilalba holen wir einen um die 65 Jahre alten Pilger ein. Roland aus Belgien, gestartet ebenda, wie schon so einige Pilger hier oben im Norden. Auf dem Camino Frances war das eher die Minderheit. Nach Vilalba wurde es das erste mal heiß, richtig heiß. Über 30 Grad in jedem Fall. Ina steht morgen um 5 auf. Unser Weg führte uns glücklicherweise durch ursprüngliche, mittelalterliche Hohlwege, die oft von kleingewachsenen Eichen überspannt wurden und die Wege wie Grüne Tunnel aussehen lassen. Aber die Hitze staute sich auch dort. Schlimm fanden wir die Hitze nicht, nicht wahr?!?!? Ina will um 4 Uhr aufstehen. "Jetzt nur noch ne Stirntaschenlampe und du mutierst zum Franzosen, Ina!", frotzel ich, aber das wird ja nicht passieren, nicht wahr?!?!.......Ina besitzt eine Stirntaschenlampe. Es läuft alles beschwerdefrei und wir beide wissn, es kann anders gehen. Was ist da schon Hitze. Man lacht drüber und wühlt sich durch den Pistenstaub voran. Ina stellt den Wecker auf 3. Gegen 16:15 sind wir so in Torre eingetroffen, nem Haltestatiönchen an der Nationalstraße mit Pension. Ina hatte in weiser Voraussicht bereits morgens reserviert...ohne meine Zustimmung! Hmmm...sollte mal theatralisch bockig darüber werden, ja.... aber auf der anderen Seite finde ich es doch schön, dass wir zusammen laufen, auch wenn es angesichts der für mich deutlich entschleunigten Etappen von 40-45 km auf 30 km wohl bedeutet, dass ich den Weg bis inisterre wohl zu Fuß nicht mehr schaffen werde.Und es soll auch weiter schön bleiben, weswegen ich jetzt einen ordentlichen Anti-PP-Umschlag für Ina vorbereite. Wir werden sehen ;) Santiago war heure zum ersten Mal ausgeschildert. 116 km noch. Es ist eigenartig, aber seit wir vor 100 km Ribadeo passiert haben, geht es auch Gedanklich aufs Ende zu. Auf den Markierungen steht seitdem auch immer die Kilometerzahl auf den Meter genau und erinnert einen stetig daran, wenn nicht gerade ein garstiger TSP - Trophäensammelpilger die Plakette gemopst hat.

22.07.2012

Der Tag fing außergewöhnlich an, um 2 Uhr morgens. Ich bin wach geworden durch von innen juckenden Füßen. Ziemlich zeitgleich wurde auch Ina wach. Ihr war warm...außerdem hatten wir Mücken im Zimmer. Wir waren hellwach. Ne Zeitlang meinte ich mir viel Mühe damit geben zu müssen möglichst leise zu sein, damit Ina wieder einschlafen kann. Halb 3 war Schicht. "Kannst du auch nicht schlafen?" "Muss am Karma der Herbeberge liegen", behauptet Ina. Der Italiener nebenan im Raum konnte ziemlich offensichtlich auch nicht schlafen. "Falsche Ausrichtung an Ley-Linien, behaupte ich. Draußen strahen den Gasentladungslampen. "Der Mond ist beleidigt. Keiner kann ihn sehen vor lauter Straßenlicht. Aber da können wir doch nichts für! Die Zeit vergeht. Ich tue so, als könnte ich wieder schlafen. Ina gibt sih der Illusion gar nicht erst hin. Schieß Mücke. Aufsetzen. Zottelhaare zum Zopf bändigen. Entnervtes Raunen. Steht auf. Geht in die Küche schräg gegenüber Wasser trinken und dann aufs Klo. Das macht bestimmt müde. Weitere Vermutung wid angestellt, als ich mich auch wieder aufsetze. Zuviel Zucker! Genau! Beim Essen gab es schließlich eine ganze Flasche eiskalte Kas Narranja. Ursache damit besiegelt. Problem immer noch nicht gelöst. Ich kreme mal meine Füße ein. Wahnsinn, das hilft. Das jucken hört auf. IIna juckts leider noch beim Gedanken an die Mücke. Am Ende lachen wir uns müde bei bildlichen Vorstellungen davon, was wohl der Italiener nebenan allein so tut und gegen halb 5 schlaf ich ein und träum von selbst zu verantwortenden Autounfällen. --- 8 Uhr holt mich mein stetig eingestellter, aber bislang nicht benötigter Last-Call-Wecker am Handgelenk aus dem Schlaf. Die Herberge ist leer. Ina gehts lala. Mir drückt der Kopf. Wir müssen aber los. Mehr als 30km bis Gontán liegen vor uns. Gegen 9 kommen wir träge in Gang und schleppen uns zur ersten Bar in Villanova de Lourenzá. Nach Kaffee und Cola Cao gehts :) Vor uns lag ein stetiges Auf und Ab bis auf ca. 550müNN. Es war traumhaft schön. Die Landschaft wurde sehr ursprünglich und gab einen Flickenteppich aus verschiedenen Grüntönen. Weiden mit glücklichen Kühen wechselten sich ab mit Eukalyptuswald und Maisfeldern. Inmitten der Flure befanden sich viele mal kleinere, mal größere Bauernhöfe mit den typischen galizischen, auf Stelzen gebauten Kornkammern. Alles schön und gut aber müüüde! Bei der zweiten Barpause in Mondoñedo beschlossen: Bis 15 Uhr aushalten und dann Siesta. Klingt gut. 15 Uhr breiteten wir die Isomatten unter einem Baum auf ner Kuhwiese aus und machten genau das. Schlafen und in die Blätter schauen. Nur noch ein Motivationsberg. Muss. Halb 5 dann schließlich in Angriff genommen...prust...schwitz...Geschafft-Selbstauslöser-Foto oben auf dem Pass, noch ein bisschen Inas Sangeskünsten wie "We have a dream" zuhören, "Laborratte, Rattengift, Giftspritze, Spritzentüttich..." und endlich an der voll belegten Herberge...gottnocheins....800m den Hang hinauf nach Gontán hinein, erste Pansion nehmen, duschen, schreiben. Gut für heute :) 10 vor 9 sagt Ina. Bedeutet so viel wie Hunger oder so. Ich soll mir keinen Stress machen. Jetzt dedudududedadadat sie was von Police. Ich glaub, ich mach mal Schicht und übe mich in Verständnis.

21.07.2012

Heute sollte es nach 500km die letzte Küstenetappe sein, denn ab der galizischen Grenze bei der Kleinstadt Ribadeo biegt der Weg ins Lqndesinnere ein. So mussten wir natürlich ein paar Umwege über den E9er Küstenweg nehmen um die letzten Fetzen Meeresluft und die letzten Strandbuchten auskosten, bevor.wirdann über eine große lange Autobahnbrücke der A8 Asturien verließen und hungrig in Ribadeo einvielen. Ina lag mir in den Ohren, ich solle mal richtige Churros und richtige spanische, heiße Schokolade trinken. Und weil hier essenstechnisch alles möglich schien fragte sie sich durch, bis wir schließlich in der wahrscheinlich besten Churreria der Stadt saßen und ich leckere, fettige, warme, süße Churrowürstchen in einer puddinggleichen, heißen Schokolade versenken ließ. Ein nahezu unvergleichbarer Hochgenuss. 14km waren wir bis dahin gelaufen. Nichts also. Und so wanderten wir weiter, sagten der Küste auf Wiedersehen und der Feve Schmalspurbahn, die uns die ganze Zeit mehr oder weniger weit entfernt begleiteten und jetzt weiter nach A Coruña führen, wo im Übrigen der Camino Inglés beginnt. Der Weg führt jetzt über Hügel und Berge. Wenn man die Eukalyptusbäume durch mitteleuropäische Flora ersetzte, sähe es nach Alpenvorland ohne Alpen aus :) s ging zwar gut bergauf durch Wälder und Wiesen, aber keine Strapazen. Hier und da ne Keks und Kuchen Pause, ein bisschen über Ina lustig machen, die Schelte dafür kassieren, Wörterdomino spielen und schon ist man in Godán bei der schönen Herberge mit Karmin...die geschlossen ist. Nur ein verwaister, leerer Colaautomat hält sich selbst kalt. Inas Anruf bei der angeschlagenen Telefonnummer brachte lediglich die Erkenntnis, dass wir zur nächsten Herberge gehen sollten. Das fanden die Füße langsam nicht mehr so toll... Frustkuchenpause. 2km noch. Na dann, weiter Wortdomino: "Herbergsführer - Führerbunker - Bunkeranalge - Anlagenberater ..." ... geschafft. Ähnlich schöne Herberge mitten im "Allgäu", umgeben von Kühen, Pferden und Maultieren. 3 Pilger hier, zwei Polen, ein Italiener. Wo sind die anderen? Daneben eine Bar mit ner Mama. Wenn man sie fragt, macht sie im Comedor nebenan auch lecker Essen für ne schmale Mark. Alles fein. Schöner Tag. Ich soll ne Punktzahl zw. 1 und 10 sagen. Hmmm...9 sag ich. Ina sagt oft auch mal 10...10+, 10+++...Hmmm...das führt die Skala ad absurdum :-D Aber kein Meer mehr :( 8,5. Morgen gehts von Gondán nach Gontán. --- Tage vergehen hier übrigens im Gefühl abnormal. Seit dem 05.07. ist für mich irgendwie immer noch der selbe Tag. Wann waren wir hier oder da? Gestern? Vor drei Tagen? Das spielt keine Rolle. Ab und an begegnet man bekannten Gesichtern. Man redet einfach da weiter, wo man vor 72 Stunden aufgehört hat und bis bald halt, man sieht sich. Außer Ina. Die sitzt neben dem Bett und schreibt Tagebuch. Beschwert sich über einen, der draußen den Motor laufen lässt. Fragt mich, wann wir in Ribadeo waren. 12 Uhr, weiß ich, weil ich den Kirchenschlag mit den Churros kombinieren konnte. Bin sehr schlau, sagt sie. Fühle mich veräppelt und stecke mir Lalla in die Ohren.

20.07.2012

Heute viel das Aufstehen doch recht schwer und auch die Vorstellung, dass wir langsam aber sicher wieder in einer Herberge übernachten sollten fesselte mich doch sehr an diese warme und vor allem saubere Bettwäsche. Egal, das Ziel Tapia soll eines der schönsten auf dem Küstenweg sein. Viel Küste liegt nicht mehr vor uns und so haben Ina und och uns auch nur diese Strecke mit Umweg über den Küstenweg E9 entschieden. Doch zunächst galt es ein paar Pflichtkilometer zu absolvieren, die die erste Bar mit Bogadilos, Kaffee und Cola Cao, in diesem Fall Hotel Lombó, rechtfertigen würde. Laut Outdoorführer ein nebulöser Ort mit entsprechend undurchsichtiger Preisgestaltung. Wirklich? Sieht doch eigentlich ganz nett aus und die ältere Dame mit weißem Kurzhaarschnitt schien ausgesprochen lebendig und freundlich....zumindest bis Ina den negativen Kommentar aus dem Führer erwähnte. Da gingen die Alarmglocken los. Die Adresse vom Herausgeber musste ihr notiert werden. Ich musste als Beweis für die transparente Preisauskubft die Internetseite mit meinem Handy aufrufen und ja, tatsächlich, da waren ganz tolle, adäquate Preise! Und dann polig Schreck: Ina hatte ihr Credencial in der Pension vergessen. Aber kein Ding, er wurde bei kurzem Anruf Ina hatte ihr Credencial in der Pension vergessenund der nette freundliche selbstlose Mann hatte sich eigentlich nur verabschieden wollen...natürlich nicht, wenn Ina noch hinterher fragt, Aber er nahm auch gern noch 8 Euro...aber gerechtfertigter Weise ;-) Okay. Dann noch eben Mails gucken, wnn man schon das WLAN benutzen darf und Einträge der letzten Tage hochladen, bezahlen und.....Bogadillo 4,50???.....bezahlen und sich von der nebulösen Örtlichkeit entfernen und weiter zur Küste. Und das war ein Traum. Auf einer Klippe namens Mirador de Atalaya mussten wir einfach eine ausgedehnte Pause auf den Klippen manchen. Da wars so schön, dass ich dor erstmal das Kartenfähnchen positioniert habe :) In Tapia angekommen bei der kleinen Herberge direkt an der Steilküste ging's erstmal baden. Dann Wäsche waschen und jetzt sitzen wir auf den Klippen, bis die Sonne untergeht. Bemerkenswerter Tag...mal wieder :) --- 24 Uhr: Liege gerade in meiner Koje in der Herberge und muss noch loswerden, wie toll das Fisch Essen war hehe. In Asturien wird zum Essen oft Cidre getrunken, allerdings trockener. Man gießt den auch nicht einfach ins Glas. Vielmehr wird jeder Einschank zur Herausforderung und das Getränk zum Zielwasser, während Mann die Flasche so hoch und das Glas so tief wie möglich hält. Es gehört dazu, dass es spritzt und einiges daneben geht :) Wenn ich dran denke, lade ich bei Zeiten ein Foto hoch.

19.07.2012

Kein Regen heute, wie schön :) Da kann man ja auch gleich mal mit einer typischen, stark ansteigenden Eukalyptuswaldstrecke beginnen, um die 634 Landstr. 634 abzukürzen...und das mit nem dreiviertel Liter Wasser im Bauch, was für ein Geschwabbel. Hab Ina trotzdem nicht den Vortritt gelassen. Danach wars ein schöner Weg durch Felder und d Dörfer, immer das Meer am nördlichen Horizont unsich langsam auflösenden Höhenwolken. Für den erst Bargang des Tages auf Kaffee und Cola Cao kamen wir passend um halb 10 in Luarca an. Ein faszinierender, in Terrassen angelegter Ort mit Viadukt der hiesigen Schmalspurbahn, die den Weg seit Santander immer wieder kreuzt, auf den Hängen eines steilen Tals, das zum Meer hin als Hafen endet. Eine Mischung aus Cudilliero und Altenbeken :) Gegen Mittag dann drohte uns ein rasantes Pilgerpärchen zu überholen. Das konnten wir nicht zulassen und so verwickelten wir sie schnell in eine strategisch ausgeklügelte Konversation, in dem wir erstmal Männchen von Weibchen trennten. Ich nahm mir Christian, 26, Kunstwissenschaftstudent aus Kopenhagen vor und Ina Na Nina, 25, angehende Wirtschqftsprüferin aus Århus. Beide sprechen (natürlich) fließend Englisch und ihre gemeinsame Leidenschaft ist das Reisen. Christian empfand ich sehr auf meiner Wellenlinie. Einerseits weil's ein Däne ist (höhö), andererseits weil wir einen auffällig ähnlichen Musikgeschmack und ähnliche Vorlieben haben. Er hat mich total neugierig aufs Roskilde Festival gemacht und machte mich neidisch mit seiner solzen Feststellung, dort bereits die Gorillaz und ... viel schlimmer noch ... Björk live gesehen zu haben. Außerdem brachte er mir ein paar kulturelle und gesellschaftliche Feinheiten der dänischen Gesellschaft nahe und wir sprachen ber ethnische Minderheiten, damit verbunden auch über die Ursprünglichkeit der Sprache der Farøer Inseln, Mädels an der Kasse im Super Brugsen und natürlich die gemeinsame Vorliebe für Lakritzeis in Strandpølserbuden. Er selbst fährt häufig als Tour Guide nach Indien und betonte gerade den kulturellen Clash im Vergleich zu Dänemark im Speziellen, wo man sich nach seiner Aussage mehr als sicher fühlen kann. Er liebt diese Unterschiede und vermisst grundsätzlich das, was er gerade ncht hat...also Indien in Dänemark und umgekehrt. In Bezug auf seine Nina betonte er ausdrücklich positiv, wie gern sie tanzt und dass es ja wohl an Frauen läge, sofort und intuitiv loszutanzen und es bei ihm eher aussähe wie bei einem behäbigen Bär und er sich dabei sehr konzentrieren muss. Naja...Dick ist er nüberhaupt nicht, aber ich kann nachvollziehen, was er wohl meint :) Wir waren auf diese Weise sicherlich zwei Stunden unterwegs und verabschiedeten uns zwischen Luarca und Piñera auf einer Kirchenwiese, wo sie pausieren wollten. Ha! Mission erfüllt. Wir haben sie plattgeredet. Sehr gut. So konnten wir entspannt zu einem Supermarkt in Piñera gehen, uns mit Brot, Käse, Oliven und so weiter eindecken und uns auf einer Bank hinter dem Gebäude breit machen, um uns für die verbleibenden Kilometer zum Zielort Navia zu stärken, den wir so gegen 16 Uhr erreichten. Haben eine tolle Pension für kleines Geld aufgetan, ebenso edler Luxus mit Handtüchern und Betten wie gestern Das wird noch die pure Dekadenz. Wird mal wieder Zeit für eine Herberge, auf dass wir nicht ganz vergessen, dass wir eigentlich besonnenne Pilger repräsentieren, die mit dem Simpelsten zufrieden sind (ich grinz mal ganz breit). So. Gleich essen. Essen ist wichtig. Nicht wahr? :-D P.S. Es läuft immer besser mit dem laufen. Ich falle abends gar nicht mehr tod aufs Bett. Merkt man auch. Ich schreib etwas mehr ;)

18.07.2012

Halb 7 war ich wach. Draußen nach all den schönen Tagen mal wieder Sprühühbewässerung und 22 Grad. Na immerhin. Bin erstmal allein los die Straße rauf. Der tolle Küstenweg interessierte mich grad gar nicht. Und dann gehts wieder ab in einen Eukalyptusdschungel mit mannshohen Farn. Berg auf und ab und auf und ab. Ich war klatschnass überall. Komme auf eine Straße und Ina fängt mich ab. Lacht mich erstmal genüsslich aus, dass ich nicht einfach die Straße gelaufen bin. Jaaaaaaaaaaa....sind dann zusammen in schlechtem Französisch Konversation betreibend weiter; von Bar zu Bar zu Supermercado zu Bank am Straßenrand, um zu essen und Olivenkernweitspucken zu machen, Autos zuzuwinken und vorbeikommende Pilger abzulichten. Erstaunlich, dass sie bereitwillig zustimmten :) Nach 32km und ohne jedwede Schmerzen erreichten wir Canero, ein Ort im Nichts, direkt unter einer 120m hohen Autobahnbrücke der A8. Hier gibt's echt nichts, außer ein putziges Hotel, in das wir uns eingemietet haben und eine wunderschöne Kiesbucht. War schön schwimmen trotz der Kälte, bis mich dann die hiesige Baywatch meinte mit Kanu und Trillerpfeife bewaffnet retten zu müssen :) Ina schläft grad, ich schreib und gleich gibt's lecker Menü um 9 und es ist Luxus, seit Noja nach dem Duschen endlich mal wieder ein richtiges Handtuch benutzen zu dürfen...ich hab mich gleich drei mal abgetrocknet rrrrrrrrr. --- Ich hab mich heute gefragt, warum ich eigentlich das Laufen nicht satt werde, trotz dessen, dass ich streckenweise kilometerlang an Schnellstraßen entlang muss, durch Matschlöcher warte oder Dauerregen ausgesetzt bin. Wo ist da der persönliche Sinn? Und um ehrlich zu sein, schwer zu fixieren. Die Suche nach sich selbst? Sicherlich, sonst wär ich nicht hier. Horizont erweitern? Auf jeden Fall. Buße tun? Nicht im Geringsten. Und einfach mal das krasse Gegenteil von dem tun, was man sonst tut. Es ist schön, dass das Meer immer wieder da ist, das macht das Laufen deutlich angenehmer. Aber es müsste nicht da sein. Morgen ist jedenfalls der 15. Tag und es fühlt sich alles immer noch mehr als richtig an!

17.07.2012

Am Strand habe ich ein Pilgerpärchen wiedergetroffen,das uns zuvor schon in einer Bar begegnet sind. Stefan, 24, Informatiker hat den Job bei der Telekom geschmissen und zur Suche nach sich selbst im März von Köln aus losgelaufen. In Bilbao hat er Elli, 36 aus Bremen kennen gelernt - ähnliches Schicksal, nur dass sie einen Job nach 8 Jahren in Australien gekippt hat. Und wie der Weg es so will sind die beiden jetzt ein Paar, wenn auch eins, das sich in meinen Augen über den Weg hinaus beweisen muss :) Die beiden haben eigentlich kaum mehr Geld und nächstigen häufig im Freien. Aber Sinn für Humor haben sie dafür umso mehr. Stefan macht Fotos mit einer uralten Speigelreflex von jedem Pilger, den er näher kennen gelernt hat und so musste auch ich mich künstlerisch wertvoll inszenieren. Den Abend haben ich und Ina noch lecker am Hafen gegessen... Eigenartiges Gewürm hatte ich, eigentlich eine Art Fisch namens Gula in einer Art Eintopf mit Garnelen, Kartoffeln und Ei ... nun....es schmeckte wirklich gut, erinnerte aber vom Aussehen sehr der klingonischen Leibspeise. Aber wer will hier schon Pommes Essen :) Im Dorf war Party, bei der mehrere Bands auftraten, teils mit wilden, spanischen Leadsängern, die die inTrachten gekleideten Frauen und Mädels sichlich in Euphorie trieben... nich so Schützenfest Borchen und Hölle Hölle ne?! Man Stelle sich eine 10m hohe, 30m breite Bühne vor mit 5-10 Musikern ... vor 50-60 tanzenden Trachten und ein paar Familien. Beeindruckend :) so viel Band für uns paar Leute. Den nächsten Tag ist Ina recht früh vorausgeeilt. Ich habe mich noch ne Stunde unten in die Bar gesetzt, um die Fotos auf die Seite hochzuladen. Irgendwann um halb 9 bin ich dann auch los...auf Inas anraten mit einem Umweg nach nach Cudillero, weil es so eine schöne Altstadtfassade haben soll. War letztendlich auch so, schön für Frühstück dachte ich und hab mich in einer Panaderia mit Puddingteilchen und Schokocroissants eingedeckt und Richtung Hafen aufgemacht, um auf der Kaimauer auf die Wellen zu schauen. Dort saß Georgia, 25, aus Italien und bandagierte sich gerade ihre Füße. Georgia ist seit zweieinhalb Jahren auf dem Weg zu sich selbst ...wohin weiß "der listige Nordwind" ;) ...zur Zeit jedenfalls erstmal Santiago und Finisterre...ganz langsam. Geld hat sie keins. Aber ein offenes Ohr und viel Redebedürfnis undso haben wir auf der Kaimauer zusammen gegessen. Ich habe nur ansatzweise nach den Gründen gefragt, aber es ist wohl etwas mehr als einfach nur die Lust auf Abenteuer...auch ein bisschen Schnauze-voll-von-der-Gesellschaft. Ich bin weiter in Richtung Soto de Luiña und kam auch mit vielen Fallen (nicht jeder gelbe Pfeil ist der Camino und endet auch gerne mal unmittelbar vor der Steilküste...und hier gäbe ne Menge davon) um 16 Uhr an. Ein ehemalig Schulgebäude wartete als Herberge mit zwei Klassen. Erste Klasse: Doppelstockbetten, zweite Klasse nebenan für die Späteren: Ludtmatratzen. Ina war schon da und sonnte sich. Später abends kamen auch Stefan und Elli eingetrudelt und sogar der Martin aus San Vincente hatte beschlossen Gas zu geben und hat aufgeschlossen. Gegen 8e humpelte sogar Georgia ein. Alle da :) Hab erst den Spaniern ne Weile beim singen und tanzen zugesehen, dann hat Georgia noch das hochvollendete Gruppenfoto von allem mit ihrer Polaroid gemacht, das in st. Abends um 10 hatten Stefan, Elli und icsind Stefan, Elli und ich noch runter ins Dorf in die Bar "ECU" (ach ja...da war ja mal ne Währung vor dem Euro) Billard spielen und noch ein Weinchen trinken (gewonnen, knapp verloren und verloren) und um 12e gings ins aufs Konzert mit The Amazing Snore-Orchestra in 30-Mann-Besetzung. Schöner Tag :)

16.07.2012

Pizza waren wir essen, in einer Bar mit angeschlossenem, willkürlich "geschmücktem" Comedor mit Fernseher, auf dem ein scheweizerisch-spanischer Film spielte, bei dem es um eine Gastarbeiterfamilie aus Spanien in den 60ern ging, deren Mann in der Schweiz Arbeit fand ... und die damit aus spanischer Sicht verbundenen Probleme. Ha! Wie gut ich schon Spanisch kann mittlerweile ... naja ... nagut, ich geb zu, Ina hat alles für mich übersetzt, was nicht deutsch mit spanischem Untertitel war, weil hey, da konnte ich den Spaniern aber zeigen, dass ich auch was verstehe und provokativ laut mitlachen :-p ... Nein....war lieb. So, genug. Pizza war seeeehr lecker, aber spanisch. So machen weder Deutsche noch Italiener noch Türken Pizza. Übernachtet haben wir in einer Herberge mit 70 Plätzen... angeblich alle Liegen in einem Saal laut Outdoor Führer, dem war aber nicht ganz so. Es gab auch Räume mit 10 Liegen und einer davon war unser, den wir aber nur mit einer Mareike und einem Mann oder besser Jungen teilten, der den Weg per Rollstuhl befuhr. Er hat eine Nervenkrankheit und kann nur sich nur unkontrolliert bewegen. Aber er ist ein sehr offenes Gemüt und möchte mit jedem sprechen und von jedem etwas haben... Von Mareike den Rücken eingeschmiert... von mir glücklicherweise nur ein Glas Cola :-D --- Die Etappe heute war bislang meine kleinste Etappe mit 20km. Eigentlich zu kurz für meinen Geschmack. Nur wäre die nächste Übernachtungsmöglichkeit weitere 20km entfernt gewesen ud das möchte ich mir noch nicht wieder zutrauen. So sind wir in Esteban zwischengelandet, einem kleinen alten Industrieörtchen, in dem auch gerade ein Feiertag ist, was im Übrigen auch weit hinaus hörbar ist. Bei Feiertagen werden (wann genau weiß ich nicht) Raketen gestartet.. Also nicht diese Sylvesterknallerchen, sondern so eine Art Raketen-D-Böller, der doch ganz ordentlich jede der Seemöven aus der Contenance rummst. Gleich um 18 Uhr wird auch eine Wasserprozession stattfinden, bei der eine Marienstatue die Hafeneinfahrt mit viel Gehupe und Getöse rauf und wieder heruntergefahren wird. Ich bin zum Felsensträndchen gelaufen, Ina besucht derweil die Messe.

15.07.2012

Eine reine Fleißetappe heute mit vielen Vorstadtwegen und ein bisschen schönen Feldabschnitten. Seit wir die Grenze nach Asturien überschritten haben ist das Laufen landschaftlich deutlich schöner geworden. Meiner Wahrnehmung nach ist das Land deutlich naturbelassener und es erscheint mir so, als würde auch deutlich rücksichtsvoller und bedachter seitens der Bevölkerung damit umgegangen. Andererseits kann ich nicht leugnen, dass Ina als Begleitung die Etappen hin und wieder gut verkürzt. Nicht nur, dass sie eine wandelnde Musikbox ist, deren Organ man von Zeit zu Zeit auch im Nachbartal wahrnehmen kann :-D, sondern auch als Gesprächspartner und auch als Leidensgenosse, wenn es um zwiebelnde Laufgerätschaften geht. Wobei sich der Zustand eben dieser zumindest bei mir seit gestern deutlich verbessert hat. Die heutigen 33km waren eigentlich, bis auf das übliche "öööh... Noch soooo weit?" nicht der Rede wert. Und wie ihr vielleicht an dem jetzt wieder sinnvoll positionierten Kartenfähnchen sehen könnt, ist die Hälfte des Wegs nach Santiago bereits überschritten :) Ich hoffe nur, bis dahin reicht mein Profil noch. Würde mal sagen, ca. 2mm sind abgelaufen und ich habe ja nun nicht das dickste Profil. Also dann, mein Magen SCHREIT nach Essen. Ina möchte noch Tagebuch schreiben...oder malen...oder beides ... Und ich lese noch ne Runde Jens sein Buchskript, bis sie fertig ist.

14.07.2012

Der Tag fing beschissen an. Ich muss mich mittlerweile mindestens ne halbe Stunde warmlaufen, bevor ich die Fußgelenke rund bekomme. Aitor machte sich ausgepsorchen früh auf den Weg... vielleicht wars ihm ja Peinlich letzte Nacht :-D So wie ich Ina verstanden habe, ist er aber auch mit seiner Cousine in Gijón verabredet, der er als Geburtstagsgeschenk ein Stück Jakobsweg schenken möchte und entsprechend von Villaviciosa mit dem Bus vorgefahren. Ich bin langsam los. Sehr langsam. Und habe dann im nächsten Ort Lois und Ina in einem Café wieder eingeholt. Zusammen sind wir dann noch ein Stückweit bis zur Weggabelung des Camino del Norte und des dort abführenden Camino Primitivo gegangen und haben Lois verabschiedet, der tags zuvor entschied, lieber in Richtung Oviedo zu laufen. Zusammen mit Ina bin ich dann über die beiden schweißtreibenden 300 und 400m hohen Bergzüge in Richtung Deva weiter gezogen, wo ich jetzt in einem Peregrinodorf auf einem Zeltplatz vor einer Holzhütte sitze und das hier schreibe ;) Aber ich hab schon seit Tagen kein Internet mehr verdummt! Ich weiß also noch nicht wann das hier online geht... Ach wem schreib ich das eigentlich!? :-p

13.07.2012

Das Abendessen gestern war chaotisch aber schön ... das Jeder-schmeißt-was-er-hat-in-die-Mitte-Menü :) Es stellte sich dann heraus, dass Aitor hauptberuflich Wäsche - vornehmlich wohl Damenunterwäsche vertreibt. Den Tag danach sind Ina, ich und Aitor zu dritt weitergelaufen. Die Etappen werde ich ab jetzt kürzer angehen. Einerseits bin ich soweit vorangekommen, dass ich jetzt abschätzen kann, relativ problemlos anzukommen, andererseits fordern die vielen 40km Etappen langsam ihren Tribut. Habe beschlossen bis Gijon von hier aus in drei statt in zwei Etappen zu gehen. Ina hat ähnliche Etappen, was mich sehr freut, denn so habe ich nicht nur einen sehr angenehmen, singenden Wegbegleiter ;) sondern auch einen Simultanübersetzer für mein absolut unzureichendes Spanisch :-p Leider kann ich den Koversationen zwischen Ina und Aitor nur sehr bruchstückhaft folgen und er kann kein Englisch oder Französisch. Ich habe mich dann zurückfallen lassen und mich entschieden, meinem Körper erstmal eine Stunde lang ne Vollmassage im Atlantik zu verpassen. Dassser hier ist und bleibt das beste der Welt :) In Colunga hatte ich die beiden ohnehin wieder beim Faulenzen ertappt... und dem gleich getan. Ich mein... Naja... Es gab Tomatenkäsebrot, das ist ein unschlagbares Argument. Ansich wird der technische Zustand meiner Laufaggregate ohnehin langsam bedenklich. In Sebrayo bin ich schließlich unter doch stärken Schmerzen angekommen. Doch der relative Luxus eines Dreibettzimmers schien zunächst zu entlohnen... zunächst. Nach dem Duschen sind wir losgezogen zum Essen in ein Restaurant auf der anderen Seite des doch recht einsamen Tals. Hinzugestoßen ist noch Alois, genannt Lois, 60, Schuldirektor - eine Bekanntschaft, die Ina ein paar Tage zuvor gemacht hatte. Ein interessanter, seine Eigenheiten pflegender, außergewöhnlicher Charakter, der den Weg schon mehrmals aus verschiedenen Richtungen gegangen ist und darin ein Stückweit sich selbst immer wieder findet. Ich würde dennoch nicht behaupten, er wäre immer wieder nur auf der Suche nach dem Jakobswegspirit wie der Junky nach dem Kick. Nach einer Unterhaltung bei einer Flasche Wein bis irgendwann 12e nachts wurde mir es aber etwas klarer ;) Aitor hat sich derweil ordentlich abgeschossen, keine Ahnung warum. Aber er hielt mich bei Laune, in dem er sich Verschiedenes noch mehrmals durch den Kopf gehen ließ und Ina wach mit seinem unvermeidbaren Schnarchsolo in unserer 3er-Kabine.

12.07.2012

Heute forderte der Gewaltmarsch seinen Tribut. Das rechte Getriebe wollte nicht mehr ansatzweise. Auch die Fernwartung mittels Joghurtdrink und Keksen wollte nichts bringen. Also was tun? Stehenbleibenbringt bei aowas nix, sagte mir mal ein Biologe. Also Einviertel Kraft voraus. 1,5 km/h laut GPS. Absoluter Stillstand meinte men Gehirn. Nächstes Ziel La Isla war damit passé. Zum Glück hatte ich mir in San Vincente noch Kopfhörer gekauft, die ich vergesse hatte und so konnte ich endlich von Kopfkonzert auf Echtkonserve umschalten... und so wurde ich ohne es zu merken wieder schneller :) Musik lenkt erstaunlich gut ab. Außerdem wurde das Wetter herrlich und so konnte ich das erste Mal ohne Nebel bestaunen, dass ich an einem alpenähnlichen Gebilde entlagwaderte. Werde in Kürze die Bilder dazu hochladen. Kam dann irgendwann auf eine Feldwiese, auf der zwei Pilgergestalten lagen. Die boten mir dringend benötigten Treibstoff an. Und weil wir reiiin zufällig den selben Weg hatten schlossen wir uns zusammen. Ina, 34, Spanischlehrerin aus Frankfurt und Autor aus Bilbao.... Er arbeitet wohl mit schwerkranken Menschen zusammen und baut sie körperlich wieder auf, was genau, das wird sich hoffentlich heute beim Abendessen noch offenbaren. Er sprang jedenfalls vor uns her, als wenn Sport auch sonst so sein Ding ist. War auch so. Klettern und Extremwandern auf Zeit z.B. durch die Sahara. Und Ina ist auch nicht grad langsam... Sagen wir mal, ich habe für meinen derzeitigen Zustand anspruchsvolle Begleitung. Aber es ist eine auf gleichein... und wollen es auch :) So. Huuuuuuunger! Bis bis Monatsende da sein... und wollen es auch :) So. Huuuuuuunger! Bis morgen!

11.07.2012

Der heutige Tag war so verregnet wie der gestrige, aber die Umstände werden dafür besser :) Gestern wurde uns in der Herberge ein Prachtmahl serviert... Also man stelle sich einfach die Wahrnehmung von Essen jeder Art nach 40 km, Wasser aus den Wegbrunnen und Keksen vor! Gegessen wurde in gemeinsamer Runde zusammen mit allen Pilgern und den Hospitaleros. Mit Marcel aus Wien und Martin aus Karlsruhe kam ich bis lange ins Gespräch, zummal ich mir bei Martin dachte, die Spreche kennst du doch ;) Martin ist Ex-Unternehmer und hat sich nach jahrelangem restaurieren von Old-Timern zur Ruhe gesetzt und geht jetzt, nachdem er ein paar Monate in Andalusien verbracht hat den Weg ... Schön gemütlich ... 10km reicht... Und Marcel, 22, tuts ihm gleich solange er kann. Er ist nach der Leeitslos und seine Mutter meinte, dann solle er erstmal gehen, jetzt oder nie, noch wäre nichts zu spät. Gute Einstellung, finde ich. Leider bin ich zu schnell :( Alle wollen maximal nach Colombres, ich aber nach Llianes und so bleibts bei einer Kurzbekanntachaft. Die Strecke war heute landschaftlich eine der ansprechendsten, trotz des Regens, und wegen des Regens die anspruchsvollste. Viel Steigung, viel Matsch und nur einmal kurz vor Colombres etwas Sonne, um mal Pause zu machen und Mama zum Geburtstag zu gratulieren :) Der größte Teil führte an der.Steilküste vorbei und durch dampfende, schwülwarme Eukapyptuswälder. Sanarium live quasi :) In Llianes angekommen war ich dennoch tod. Nichts mehr ging, alles tat nach diesen 46 km weh und so bin ich irgendwie zur Herberge, die das ehemalige Bahnhäuschen war, gehumpelt und ins Bett gefallen.

10.07.2012

Heute war ein ... sagen wir mal interessanter Tag. Zunaechst hat sich meine Einstellung zu der Geschaeftogkeit der Spanier doch wieder normalisiert, denn heute war die bislang ruhigste Etappe von Queveda nach San Vincente. Einziger Nachteil dabei war, dass ich eigentlich nur durch Wolken ging und so kaum etwas von der wieder nahenden Kueste mitbekam :( ... und es hat halt den ganzen Tag lang geregnet ... bzw. sagen wirs mal so: ich wurde besprueht, wie man es eigentlich mit Steinpflanzen tut, sprich: als ich um 18 Uhr an der Herberge ankam, war wirklich alles bis auf der Rucksack nass. Diesen komischen Plastikmantel, den ich mir vom Theater in Schl. Neuhaus mitgenommen hat, hab ich mal weggelassen. Da werde ich ja nur nass durch die Ausduenstungen unterhalb :) Morgen wirds Wetter wohl leider auch nicht besser. So, jetzt macht uns die Herbergsmama Eier glaub ich... So riechts grad rueber hier zum Rechner. Und es wurde ein Tisch fuer alle 20 Pilger gedeckt :)

09.07.2012

Heute war es anstrengend. Nicht, dass der Weg sonderlich schwierig war. Die Streckenführung war einfach demotivierend. Bis 11 Uhr war noch alles okay. Santander war zwar wie jede spanische Großstadt erstmal ätzend zu durchqueren und es nieselte, aber damit konnte ich mich gut arrangieren. Schlimmer war: der Lärm hörte bis zum Ziel kaum mehr als 5 Minuten auf! Ein Satz hat sich als Trotzreaktion in Mein Hirn gebrannt, quasi ein Generalverdacht auf alle Bewohner Spaniens, zumindest aber Cantabriens: "Einer macht irgendwo immer irgendwas." Wenn keine LKWs fahren, dann, weil gebaut wird ... Mit Pressluft. Und wenn nicht dass, dann kommt die Müllabfuhr direkt vor dich gefahren. Wenn das nicht, gehst du an der Bahnstrecke vorbei. Flüsterbremsen sind doch was für Weicheier. Und kommste aufs Land, kommt der Träcker mit ... und die Müllabfuhr ... und der hupende Bäckerwagen und an den Wegkreuzungen die Teermaschinen zum Schlaglöcher stopfen. Und wenns die Maschinen nicht sind: hier hat wirklich jedes Einfamilienhaus abgerichtete Wauwaus. Niedliche Wadenbeißer und riesige Aufpassraumschiffe... aber mindestens 3 ... und alle an Ketten, die ordentliche Halbkreise in die Betoneinfahrten mit Fliesenprägung zirkeln. Keine Ahnung, ob ich heut nur hypersensibel bin, aber die Leute hier scheinen einfach immer hektisch beschäftigt sein zu müssen und sei es, dass sie Fliesenfugen mit Schokolade zumachen, weil der Mörtel grad aus ist. Reicht ja fürs erste. Glaubt ihr nicht? Ich mach mal ne Architekturrubrik unter Fotos auf. Da fehlt nicht viel. Habs dann mit viel winseln, fluchen und dumm rumlabern doch noch bis Queveda geschafft... Leider mit 8km Umweg, weil ich mich anscheinend als einziger Pilger an das Verbot gehalten hab, nicht über die Eisenbahnbrücke bei einem die Situation bezeichnenden Ort namens "Boo" zu staksen. Ach was soll's, ne? Ob 37 oder 45 km... Da werd ich nicht kleinlich. Nur dass ich irgendwie alle zweimal überholt habe, hat mich gestört. Ein Segen dafür ist die Herberge, in der ich heute untergekommen bin. Wird von einem alten Ehepaar geführt, dass uns gleich Abendessen und morgen Frühstück macht :) Nur die Duschen sind wieder gut. Wo normalerweise eine reinpasst, gibt's hier 5... mit Baumwolltischdecken abgetrennt. Schönes Muster mit kleinen goldenen Krönchen drauf.

08.07.2012

Nach 9 Stunden Schlaf war alles weg. Keine Schmerzen mehr! Also dann weiter, solange das so ist, dachte ich. Der Weg heute war im Gegensatz zu gestern einfach und ohne viel Steigung und so bin ich nicht wie gedacht nur nach Güemes, wo eine ach so kultige Herberge sein sollte, sondern gleich durch hierhin nach Santander. Schmerzen hab ich immer noch keine und ich hoffe, dass das jetzt so bleibt. Morgen gehts weiter nach Queveda. Auch 42km. Na das sollte ja jetzt klappen, hoffe ich mal. So. Und jetzt hab ich Hunger auf Platos Combinados :) mit Stäbchenkartoffeln und viiel totem Tier.

07.07.2012

Morgens um 6 gings los... Als Erster! Das kannte ich ja gar nicht. Vom Camino Frances war ich gewohnt, dass um 3 Uhr morgens die Franzosen losmachen, um gleich die ersten beim großen Herbergs-Run zu sein. Hier im Norden gehts supergemütlich zu. Nicht vor 8 Uhr das Haus verlassen ... Aufgesperrt wird eh erst um 15:30 und die Herbergen sind halb voll. Ein Segen gegenüber dem Hauptweg, echt. Tja, aber ich hab trotzdem erstmal Pech: g, echt. Tja, aber ich hab trotzdem erstmal Pech: Grooooße Aufgabe heute, dachte ich angemessen meditativ. 42km... Ein ganzer Marathon bis Santoña. Ja denn los. Muss ja irgendwann mal. Der Weg war anstrengend. Insgesamt Ca. 1000 Höhenmeter rauf und runter. Und das bei 30 Grad. Ich hab insgesamt so 6l Wasser getrunken dabei (die Spanier wieder ... Bauen überall Trinkwasserbrunnen in die Gegend, wo sich ggf. mal irgendein Spaziergänger hinverirren könnte, gell?). Glück für mich. Gleich über Bord mit der lästigen 2,25l-Happy-Family-Vorrats-Pepsi-Light-PET-Flasche, die ich seit Bilbao mitgenommen hatte für die eeeeewig laaaangen Durststrecken, die nicht kommen.... Aber was anderes kam auch nicht: Unterkunft!... Bin um 16 Uhr mit einem Wassertaxi nach Santoña übergesetzt und dort war halb Spanien... Auch in den Hotels und Herbergen. Booaahh und das nach 42km.... Also was nun? Mäh.. Erstmal gebadet... Herrlich :) dann weiter. Nach Helgueras. Sollten laut Pilgerführer ja nur 5km sein. Krieg ich hin. War auch nur ein bisschen verschäzt. 11km ... über einen 100m hohen Berg an der Küste. Aber egal. Die Herberge soll ja 80 Plätze haben gottseidank. Hat sie auch ... Alle belegt.... weil Ferienziel aller Jugedlichen Spaniens. Ist nämlich ne Jugendherberge. Verfluche erstmal den Pilgerführer, der den blauen Betonklotz ausdrücklich als Pilgerherberge ausweist und schleiche mit Regen (ich glaub es war Regen in den Augen) nach Noja... nochmal 3km. Und wieder alles dicht, auch die Hotels. Jetzt beschloss ich doch entgültig zu resignieren. Auf Wildcampen im Regen hatte ich nach 55km absolut keine Lust. Also setzte ich mich in eine Bar und lutschte an einem Calippo Eis weil ich Zucker brauchte und der Kellner sprach mich an, weil ich so scheiße ausgesehen hätte. Ich hatte aber kein Bock auf schlechtes Spanisch. Manchmal sollte man es aber haben, denn er bot mir eins seiner 6 Zimmer an, die hinten an der Bar angeschlossen sind zum übernachen :) Der Tag war gerettet.

06.07.2012

Ne scheiß Nacht war das. Kalt, es fing an zu regnen, Das Zelt war Tropfnass von meinen Ausdünstungen und zwei Hunde haben mich mit ihrer innigen, ergebnislosen Diskussion darüber, ob der Typ auf der Wiese da hingehört oder nicht die ganze Nacht munter gehalten. Aber ein Gutes war am nächsten Tag: ich war nicht müde und meine Beine dank Training auch nicht. Also denn erster Versuch: morgens um halb 6 die Sachen gepackt. Ziel... Naja weiß nicht.. Was schaff ich denn? Castro Urdiales soll sich lohnen... 30km oder so... Ja denn los. Auch wenn ich mir errechnet hatte, dass es so 40km am Tag werden müssen... Die 30km habtadt gäbe eine Strandbucht. Und ab in den Atlanti Yeah ...und ab in den Atlantik :-D Ohne das Freischwimmen von allen Verspqnnungen hätte ich nicht mehr gewusst wie ich laufen sollte. Hab dann auch frisch gebadet und geduscht (Spanier bauen ja überall Duschen in die Landschaft, wo was zum Baden ist, gell) hab ich dann auch die Herberge gefunden ... Jaaahahahaaaa und brauchte nicht mehr duschen :-D Hab ichs aber wieder allen gegeben, die in der Herberge zum Duschen anstanden. Aber ich war platt. Hab noch ein paar Seiten gelesen und dann eingeschlafen.

05.07.2012

So. Bislang blieb nicht wirklich Zeit zu schreiben. Einerseits, weil mein Körper kräftig damit beschäftigt war sich zu akklimatisieren, andererseits bin ich erst jetzt darauf gekommen, dass man Texte ja auch ohne Internetverbindung vorschreiben kann und damit das Hochladen via UMTS gar nicht mehr so teuer ist wie befürchtet :) Fotos kann ich natürlich so noch nicht hochladen, weil ich pro MB löhnen muss, aber es wird sich irgendwann schon eine Möglichkeit dazu ergeben. Ich bin jetzt in Santander... Genau ... Die Stadt wo die Bank herkommt und habe vor knapp ner halben Stunde mit der Fähre von Somo übergesetzt und sitze jetzt in der verstecktesten Pilgerherberge der Welt, mitten in der Stadt. Aber erstmal zum Anfang: Halb 5 bin ich man Do in Bilbao gelandet undwollte gleich abkürzen... Pech gehabt. Der Flughafen ist komplett eingezäunt und nur ein Bus führt aus diesem Gefängnis für Fußgänger ;) Also dann doch in die City bis zum Guggenheim Museum. Toll.... Da bin ich in Spanien und das erste, was ich bekomme ist Arbeitsfeeling beim Anblick des Museums. weil, wo ist der Unterschied: Guggenheim in Bilbao ... MartA in Herford .... Hach ja... Bevor mich das Heimweh komplett verzehrt geh ich doch lieber ganz schnell los. Man schauen wie weit ich komme. Hatte mich insgeheim bereits auf eine Nacht im Freien eingestellt und so sollte es auch kommen. Wollte eigentlich in Portugalete (wo eine seltenkomische Schwebebahn über den Fluss führt, den man überqueren muss... Sucht mal im Internet!) die Herberge nehmen aber hatte dann doch mehr Lust bis ins Dunkel zu laufen. 22h und 25km hinter Bilbao wars dann soweit. Ich war zum Glück raus aus der Stadt und hab auf einer frisch gemähten Feldwiese mein Feldbett gebettet.