Sendero Circular de La Gomera

06.09.2018 Roques del Cedro

  

Heute will ich noch einmal in den Urwald. Dummerweise liegt der auf der Nordseite und beginnt exakt auf der Wetterscheide nahe des Gipfels. Sie ist leicht an der sich auflösenden Nebelwand erkennbar. Gestern Nacht hat es kurz, aber kräftig geregnet. Es hatte aber keine sehenswerte Auswirkungen. Alles ist morgens wieder trocken. Mein Ziel ist also die Hauptstraße, die auf dem Kamm entlang führt und mehrere Aussichtspunkte rund um einige markante Felsformationen, die von den Ureinwohnern auch religiös genutzt wurden. Ich durchquere das Bergdörfchen Imada, das etwas oberhalb meines Häuschens liegt. Auch wenn es nicht so aussieht, ist der Ort ein Drehkreuz für viele wichtige alte Wege der Insel und den aktuellen Wanderwegen. Es gibt sogar ein kleines Hotel. Sonst allerdings nicht viel. Ich schraube mich langsam wieder hoch bis auf 1300m. Mit einem Schlag stehe ich im Urwald. Die Nebelwand von Norden treibt die Luftfeuchtigkeit in die Höhe und nimmt mit spürbar den Durst. Erstaunlich, wieviel man über das Athmen an Feuchtigkeit austauscht. Dann erreiche ich den Mirador del Morro de Agando und schaue auf einen weiteren Backenzahn von Berg, der auch Vorlage für das Bild meiner GR132-Website ist. Er ist für La Gomera ein markantes Ziel, das weit unter meiner Aussichtsplattform von vielen Bussen angesteuert wird, um tausendfach täglich abgelichtet zu werden. Warum ist das so spannend ein Motiv abzulichten, das alle ablichten, das tausendfach weit professioneller abgelichtet wurde? Vielleicht ist das wie das Autogramm eines Stars zu besitzen. Man hat was in der Hand, das alle genauso kennen und sofort identifizieren können und dass man es selbst erzeugt hat, manifestiert das Erlebnis als Statussymbol. 'Ich war genau dort, wo auch die Profis den besten Blickwinkel hatten. Ich bin also ebenso wertvoll und auch ein Profi. Ich habe ein wertvolles Erlebnis erfahren. Ich bin Luxus.' Ich bin jedenfalls weit über dem Hotspot alleine auf dem Grad zwischen Wolkenwand und Ausblick. Epic Fail? Heute nicht. Der Teide verschwindet immer wieder im Nebel und macht die perfekte Bilderbuchaufnahme nicht möglich. Ich bleibe noch etwas, sauge die feuchte Luft auf und steige schließlich über meine Duscheremitage wieder ab. Schönes Ziel. Aber so langsam hab ich Insel gesehen und bin froh, dass morgen die letzte Etappe vor mir liegt. Bei aller Liebe zur Wamderei... irgendwann ist der nötige Ausgleich zum bewegungsarmen Alltag erreicht und ein Punkt auf der Welt ausgiebig erkundet. Ich bin aber froh, dafür nicht in einem der Busse unter mir zu sitzen und selbst zu bestimmen, was ich will.