Sendero Circular de La Gomera

05.09.2018 Alto de Garajonay

  

Hier oben ist es herrlich. Ich habe ein Riesenbett und einen vollen Kühlschrank. Jede Aktion ist schweißtreibend für mich. Also habe ich gestern bis kurz vor 20 Uhr gewartet, bis ich den Supermarkt leergekauft hab. Es gibt Tortilla, Käse, Tomaten, Tunfisch, Eier und natürlich Clipper Erdbeerbrause. Zum Frühstück Oreo mit doppelter Füllung. Njam! Heute nehme ich mir vor zum höchsten Punkt der Insel zu laufen. Da ist mein Häuschen das perfekte Basislager. So habe ich schon die Hälfte geschafft, von der Küste aus betrachtet. Es geht hinauf. Und je höher und näher zum Inselinneren ich komme, desto grüner wird es. Erst Sträucher, dann Pinien und grünes Gras. Offensichtlich ziehen hier häufig die feuchten Wolken über den Kamm. Mitten in den Bergen steht eine Eremitage. Oft ist das hier mit einem großen Grillplatz verbunden. So auch hier. Und wo man grillen kann, kommt irgendwo auch Wasser aus einem Brunnen. Herrlich, endlich mal kein Wassermangel... Und meine Dusche beim Auf- und Abstieg, hehe. Niemand geht hinauf von hier aus. Das wundert mich schon. Den Pickel hätte ich als Publikumsmagnet mit Würstchenbude erwartet. Es wírd noch einmal deutlich klarer, je höher ich komme. Und auf einmal baut sich vor mir der Teide auf. Er wirkt viel näher als vor eineinhalb Wochen, als ich ihn am Anfang des Weges gesehen habe. La Gomera ist umgeben von einem stetig aufsteigenden Wolkenring. Teneriffa ebenso. Dann erreiche ich den GR131, der schließlich den Gipfel der Insel überquert. Hier oben fliegen lautlos und in einem Riesentempo hunderte von Schwalben und fressen die Insekten weg. Bis zum Gipfel werden es so viele, dass ich stur auf den Boden schauen muss, um nicht kirre davon zu werden. Sie drehen erst im letzten Moment ab. Ein letzter Weg schlängelt sich einen Hügel hinauf und endet unvermittelt vor... einem Klohäuschen der Parkaufsicht. Darüber der Gipfel.
Alto de Garajonay ist ein beeindruckender Punkt. Es fühlt sich an, als stünde ich auf der Spitze einer 1489m hohen Pyramide. Um mich herum geht es nur noch abwärts. 360 Grad Meerblick. Kein Punkt der Insel ist weiter als 20km entfernt. Ich sehe San Sebastián ebenso wie den Eremitenbaum über Valle Gran Rey, den Backenzahn von Vallehermoso, die Bananenplantagen bei La Dama. Viel viel grünen Wald im Norden, Steppe im Süden. Ein Waldbrand muss hier vor einiger Zeit gewütet haben. Aus kniehohen Büschen ragen schwarz verköhlte Äste empor. Unheimlich.. Oder es sind Bösewichte aus den Unterwelten des Disney Channels. Sie sprießen empor, umklammern den Berg und reißen ihn hinab... Vor mir der Teide. 100 Grad weiter La Palma, dazwischen El Hiero. Ist man hier oben, sieht man eigentlich alles, was ich bislang erwandert habe auf einen Streich. Na toll, das hätte ich dann auch einfacher haben können ;-) Nun das ist dann wohl der wortwörtliche Höhepunkt der Reise. Ich bleibe ne Stunde. Vereinzelte Pärchen kommen hier hinauf, rätseln, ob das da nicht Gran Canaria ist und das da nicht Fuerteventura... Selfies vor dem Teide. Er ist aufgeregt. "Dreh dich doch mal um! genau!" Sie guckt zu ihm und grinst ein Lächeln, wie mein Haarkamm es nicht besser hinbekommen würde. "Guck doch mal so, als wenn du dir so richtig gemütlich den Teide anschaust", sagt der well equipte EOS 5D Mann zu seiner Frau. Ich muss lachen. Die Frau bekommt das peinlich berührt mit und herrscht ihn an: "Boah du bist immer so fürchterlich anstrengend mit deinem blöden Rohr." Man rastet. Der Wanderführer wird gewälzt. Fotos aus der 5D aussortiert. "So, kumma, hier können wir auch runter. Oder hier. Wo steht eigentlich unser Auto?" "Guck doch mal die Landschaft an, meine Güte!" Ich möchte so nicht Urlaub machen. Die anderen Pärchen, die kommen und gehen, sind würdiger zu sich und zur Landschaft. Irgendwann gehts wieder hinunter für mich. Ich freu mich schon auf die Eremitendusche unten... und auf mein Häuschen. Es hat einen beachtlifhen Terassengarten. Darin wächst ein kleiner Apfelbaum mit reifen Früchten. Das wird gleich mein Nachtisch.