25.08.2018 Los Cristianos | ᐸ ᐳ ᐱ |
Das Gezeter geht vor dem Gate weiter, als klar wird, dass noch ne Stunde drauf kommt. Der ein oder andere rechtlich Versierte bemerkt, dass man umsonst fliegen wird, wenn 17:35 überschritten wurde und freut sich hämisch.
Die Maschine kommt. Draußen wird merkwürdig herumgefuhrwerkt. Zwei gestresste Stewarts in pinken und türkisen Hemden wuchten Wasser über eine Nottreppe in eine Luke. Dann Boarding. 17:44. Beifall. Alle zücken ihre Handys, um den Schaden versicherungswirksam am Gatebildschirm zu dokumentieren, wodurch sich der Checkin weiter verzögert. An Board wird Kund getan, dass lediglich Wasser zur Verpflegung vorhanden ist. Gelächter. Lustig machen. Small Planet. Small Verarsche aus Nahost. Der Stewart liest die deutsche Ansprache vom Zettel ab und bittet um Entschüldigung. Noch mehr Lustig machen. Die Stewarts quälen sich durch die Reihen mit kleinen griechischen Wasserfläschchen wie bei einer Steinigungsprozession. Etwa nach einer Stunde kommt der Kapitän heraus, stellt sich in die Mitte des Fliegers und bittet eindringlich die Mitreisenden ihren Unmut nicht pausenlos an den Flugbegleitern auszulassen. Recht hat er. Der Grund für das alles: wir sitzen in einer Ersatzmaschine, die herbeigeflogen werden musste und kein Essen geladen hatte. Technischer Defekt. Ich finde, man kann und soll es so interpretieren: es dauert bei einem Defekt lächerliche 3 Stunden, um die einzig verfügbare Ersatzmaschine der Airline von irgendwo aus Deutschland herbeizuschaffen und den Flug abzuwickeln. 1050km/h sagt mein Handy-GPS. Gib alles, kleiner Planet!
Gut. Ich muss die Fähre morgen um 9 nach La Gomera nehmen. Also Storno der Unterkunft in San Sebastián. Stattdessen ein Hostel am Hafen von Los Cristianos auf Teneriffa für die Nacht. Passt schon.
Linie 111 bringt mich in 30 Minuten vom Flughafen dorthin. Der Ort ist ein Molloch. Ein zusammengewürfelter Haufen Bausünde, entstanden in 40 Jahren Tourismusindustrie, um einen kleinen Strandabschnitt im Hafen bis auf den letzten Meter wirtschaftlich auszubeuten. An der Strandpromenade reihen sich Bars mit aufdringlichen Kellnern aneinander. Dahinter Viersterneclubs, die ein 90er-Jahre-Pauschalurlaubsflair vermitteln. LED Farbwechselspielereien bringen das Ganze irgendwie in die Neuzeit. Animateure animieren Gäste in ihren 50ern und 60ern an Keyboards zu stümperhaft interpretiertem "I did it my way" und beim sagenhaften Clubsong zum Mitsingen, während die mitgeflogene Jugend gelangweilt auf der Promenadenmauer heruminstagramt. Mir scheint, eine bestimmte Art von Urlaub, die ich aus meiner Jugend kenne, findet mit der alternden Pauschalreisegeneration meiner Eltern ein langsames Ende. Oder ich mache das zu wenig. Wer weiß. Meinen Schlüssel zum Hostel bekomme ich im Supermarkt Alimentaria cerca de la playa. Der Besitzer spricht nur Spanisch. Ich fühle mich extrem gehemmt. Nadenn, meine Feuertaufe. Tienes una cama pendiente? Große Augen. Äh libre? Er kramt in einer großen Plastikkiste voller Schlüssel und Schlösser nach passenden Gegenstücken. Flucht. Grinst. Und ich bekomme einen Schlüssel. Feuertaufe bestanden.