Oliver

12.08.2016 Sneem

  

Unten in der Küche brutzeln uns Paul und Greta das Frühstück zusammen. Draußen ist es grau, aber warm. Hier drinnen sitzen neben uns noch drei Familien im Puppenstuben-Dining-Room. Paul kredenzt uns hausgemachtes Brot und hausgemachte Marmelade, die wie Saunaaufguss schmeckt.
Paul hat sich die Rolle des redegewandten Frühstücksclowns angeeignet. Er ist ein kleiner, untersetzter Mann mit Halbglatze und Brille und strahlt passend zum Interieur eine warmherzige Gemütlichkeit der 20er Jahre aus. Während wir auf Rührei und Speck warten, fällt mir die Stuckdecke auf. Jemand hat mit ruhiger, fachmännischer Hand mit einer Harke akkurate Blumenmuster in die Decke gestrichen. Beeindruckend... fast so wie mein Ei. Ich bin eivoll und saunamarmeladensatt und wir machen uns auf... denkste. Greta fängt uns ab. Und der Abspann startet. Sie ist seeehr redseelig, stellt noch einmal fest, dass ich wie ein Holländer klinge und Frances nicht, bis sie schließlich in allerhöchsten Tönen von den deutschen Gästen schwärmt. So stehen wir da, die Türklinke in der Hand und ich schau mir im Treppenhaus die Bilder an.... Papst Benedikt... Papst Johannes Paul II... Franziskus... hier ist jemand katholisch. Sie ists. Paul konvertierte für sie nach einem schweren Autounfall. Als protestantischer Engländer ist das schon ein betonenswerter Schritt hier, wie mir scheint. Sie liebt den kleinen Mann und wir bekommen eine Geschichte nach der anderen über die beiden zu hören. Zwischendurch ein paar Fragen zu uns, sowie stetige Beteuerungen, dass das dann auch das letzte wäre, was sie zu berichten hat. Die beiden sind drollig. Wir sollen Ihnen eine Email schreiben, sobald wir Kinder haben und heiraten.... Machen wir natürlich, keine Frage.

Es geht strikt nach Westen, vorbei an ein paar Straßenhändlern und einem weiteren Fabuland, bis wir auf den Ring of Kerry treffen, einer Straße rund um die Halbinsel. Nächster Halt soll ein Örtchen mit dem melodischen Namen Sneem werden. Doch das ist anstrengend. Es geht wieder auf eine Hochebene. Doch die ist stürmisch und bereitet uns statt schöner Aussicht nur einen Umweg von 5km und die Erkenntnis, dass sich vor uns Regenwolken auftürmen. Ein Teil der Strecke führt über die Hauptstraße, deren tunnelartige Enge uns zu überforderten Ausgelieferten mit Linksverkehrschwäche macht. Es ist nervig. Dann setzt ein feiner Sprühregen ein und weicht uns völlig auf. Sneem ist noch 11km weit weg. Scheiße. Doof. Ein Spaziergängerpärchen überholt uns, als wir in einer Seitenstraße Schutz suchen. Wir wären aber nicht wettertauglich angezogen, meint der Mann. Ja was nützt das denn jetzt noch, wo wir eh durch sind. Aber er bietet uns an nach Sneem zu fahren. Genial. Minuten später brettern wir mit einem alten Polo auf der falschen Straßenseite über die alte Buckelpiste, die sich Hauptstraße nennt, zum Ziel unserer heutigen Träume. Sneeeeeeeeem. Wer denkt sich so einen Ortsnamen aus. Klingt, als müsse man ,,Gesundheit" sagen. Ich spreche ihn auf die 100km/h-Schilder an. Das wäre eine Herausforderung für die Jugend, meint er und beschränkt sich auf 60, während sein linker Rückspiegel die orangefarbenen Blumen und Farne von den Begrenzungshecken fegt.
Und da sitzen wir in einem weiteren, rustikal gemütlichen B&B mit Fish-n-Chips-Fetthölle darunter und schreiben beide Tagebuch. Wir hatten mal wieder ein Glückchen. Der Sprühregen, der hier ,,a soft" genannt wird, dauert nun schon 5 Stunden an. Softies sind allenfalls wir. Herrlich so ein trockenes Bett mit WLAN.... Hehe.