Etappen

04.06.2017 Sitia

  

Das Aufraffen fällt mir schwer angesichts von nochmal 30km Wegetappe. Und es ist heiß. Nach 10 Tagen recht so ein Wetter auch, merke ich. Na mal sehen was Dead's Gorge verspricht. Der E4 führt mitten hindurch bis nach Zakros auf den Hochebenen. U die Schlucht hats in sich. Nicht, dass sie sonderlich steil wäre, aber sie ist so.... so unglaublich grün! Es ist der reinste Urwald aus Sträuchern, die Gerüche abgeben wie unser gesamtes Gewürzregal. Und das mannshoch. Nach 30 Minuten hab ich den Duft einer gut gewürzten Pizza angenommen. Vorwiegend Thymian liegt mir in der Nase. Das war zwar schon die letzten Tage so, aber jetzt erst recht, wo ich von Blättern nur so einbalsamiert werde. Wenn es nur nicht schon so verdammt heiß wäre. Stelle mir vor, ich bin in einem Sanarium. Grad ist Thymianausguss... naaa, so kann ich mich vielleicht ne Weile lang selbst veräppeln.
Es geht langsam höher und der Weg führt entlang eines alten Waals, das schlicht durch ein großes Plastikrohre ersetzt wurde, das dort hineingelegt würde. Es gurgelt aus dem Inneren. Warum nur legen die ne Wasserleitung hier runter durch die Schlucht? Etwa eine Stunde später sehe ich warum. Eine Art Zisterne sammelt das Wasser aus einem Flusslauf und leitet es in das Rohr, der Rest wird als Waaserschwall dem Tal übergeben, wo es dann allerdings schnell im Erdreich verschwindet. Aber den Waaserschwall... Mann, was Besseres hätte es jetzt nicht geben können. Bis zum Ende der Schlucht oben bei Zakros füllten sich Tümpel für Tümpel aus dem Flusslauf, alle so tief, um darin unterzutauchen. Herrlich. Wenn die Schluchten doch hier alle so wären. So kam ich gut gelaunt und gut gewaschen in Zakros an. Ab dort beginnt die Durststrecke. Bis auf 700m ging es noch einmal hinauf auf eine Hochebene. Was für ein Kontrast. Wieder das karge gewohnte Bild. Überall summt es nach Bienen. Über all stehen Bienenkästen herum. Zwei Dörfer passiere ich, die nur durch eine Piste verbunden sind. Aber sie haben die üblichen Kirchenbrunnen, was mich hier oben rettet. Gegen 16 Uhr Abends erreiche ich den höchsten Kamm und sehe Sitia. 5km Luftlinie. Aber die Schlangenlinien der Straße unter mir versprechen das Dreifache. Ist auch so. Gegen 20 Uhr komme ich unten an und bin durch. So schön wie der erste Teil war, so nervenzehrend der zweite. Man sieht schon, wo man noch 4 Stunden hin braucht aus 700m Höhe. Ätzend. Aber mein letztes Domizil hat einen Pool. Das hab ich vorgestern schon klar gemacht. Und der wurde immens beschwommen, das könnt ihr mir glauben. Morgen gibt's Frühstück und dann wird der noch einmal sowas von beschwommen werden, das es nur so eine Freude ist, bevor ich dann gegen halb 11 den Bus in Richtung Heraklion nehme, der laut Hotelboy auch wirklich fährt. Der Kerl ist schräg. Ein Albino. Etwa 25 Jahre alt und schlohweißes Haar und einen Blick zum töten. Das wär was für GNTM. Heidi würde ausrasten.
Die Sonne geht unter und mir Word grad klar, dass der Weg damit also zuende ist. Nicht ganz der Trans Kreta, wie er im Buche steht. Aber ich würde behaupten, die Insel kenne ich jetzt verdammt gut. Ich hätte aber nicht über die Berge gehen wollen. Da verpasst man viel zu viel Meer. So konnte ich mit fast keinem Gepäck laufen. Und das ist schon Luxus. Kein miefiger Rucksack, den man nach 2 Wochen als Cordon-Bleu verkaufen kann. Wasser über den Kopf, wenn einem danach ist, weil keine Klamotten trocknen müssen... Aber es erfordert, dass man mit Hitze umgehen kann. Heiß ist es in der Sonne sofort. Und es läuft dann auch der Schweiß in Bächen, da kann man kaum gegen antrinken. Das stört mich überhaupt nicht, solange ich nichts an habe, was zusifft. Also wenn man sich fragt, was macht der Kerl da die ganze Zeit in Badehose... das hat schon seinen guten Grund. Gestört hats niemanden. Im Gegenteil. Ich wurde oft genug gefragt, ob ich mitfahren will. Und die Leute sind sowieso gut drauf, insofern man ihnen ein Kalimeeeera entgegenschmettert. Tja und ich bin dann jetzt erstmal wieder braun.
Ja und was bleibt von der Anfangsfrage so nach zwei Jahren noch festzustellen? Was ist denn mit Griechenland? Ruhig ists geworden in den Medien. Hier auch. Aber die Apokalypse blieb irgendwie aus. Die Räder haben sich anders weiter gedreht mit den Flüchtlingen... weniger medienwirksam irgendwie. Trotzdem geht es den Leuten nur bedingt gut. Die Kinder haben zwar alle noch ihre Kindheit. Aber hier die Insel und deren Ortschaften wirken so unglaublich stümperhaft zurechtgezimmert, dass man meinen könnte, wir leben bautechnisch in der Antike. Wenns nicht passt, mach Beton druff und weiß. Ob das nur am fehlenden Geld liegt? In manchen Dingen schon. Es stehen immens viele Betonrohbauten in der Gegend herum. Ausgaben für Tourismus werden hier gerne mit Schildern bedacht, auf der eine kleine Europaflagge steht und die Summe der Bezuschussungen. Die neuesten Schilder dieser Art, die ich gesehen habe, waren von 2011. Vieles ist hier bis 2011, Sehenswürdigkeiten, Ausgrabungsstätten... Danach kommt irgendwie nichts mehr und dem E4 tut das gar nicht gut. Noch zwei drei Jahre und man findet den Weg nur noch über GPS. Na mal sehen, wie Herr Bunt morgen die Lage so eroiert.