Etappen

05.10.2015 Agia Roumeli II

  

Heute bleiben wir einfach in Agia Roumeli. Wir müssen regenerieren. Wir gehen frühstücken. Außerdem ist es hier so schön abgelegen. Niemand da, außer das Pärchen von gestern Abend, am selben Tisch. Vermute, sie sind dort einfach sitzen geblieben, um nicht reservieren zu müssen fürs Frühstück. Danach einfach Strand. Bis 13 Uhr sind wir so ziemlich die einzigen. Dann füllt er sich langsam mit Leuten, die augenscheinlich Wanderer sind. Zwei Stunden später ist gut was los am Strand. Wo kommen die alle her?
Gegen Nachmittag möchte ich doch mal einen Blick in die Samariaschlucht werfen. Ich laufe eine kleine Betonstraße bis zu ein paar verlassenen Häusern, die mal das ursprüngliche Dorf waren. Jetzt wird mir auch klar, wo alle herkommen. Mir kommen ca. 200 Leute aus der Schlucht entgegen. Muss man das sehen? Irgendwann stehe ich vor einer Kasse. 5 Euro Eintritt. 5 Euro für noch ne Schlucht? Sehe ich nicht ein. Wo ist der Unterschied zu allem Bisherigen? Ich sehe zwei: ein Bach fließt durch diese Schlucht, die anderen waren bislang trocken. Und okay, die eiserne Pforte, die eh jeder bei Wikipedia bewundern kann. Entscheide mich für einen Abzweig scharf links an der Kasse vorbei hoch zu einer Burgruine über dem Ort. Dort hab ich einen tollen Ausblick auf das ganze Geschehen: ein weißer Kleinbus bringt im Minutentakt die erschöpften Schluchtgänger von der Kasse zum Hafen. Nun, nach 17km Schluchtabstieg sind 500m Betonstraße natürlich nicht mehr drin. Ein Israeli ist auch hier oben am Kastell. Er hat sich mit dem Bus am Anfang der Schlucht auf 1700m Höhe absetzen lassen und ist herunter gelaufen. Oben wären es 10 Grad. Kaum vorzustellen. Am Hafen, ca. 400m unter mir, läuft ein zweites Schiff ein. Alle temporären Bewohner des Dorfes scheinen davon angezogen zu werden. Gegen halb 6 schließlich ein lautes Tüten und dir Schiffe legen in entgegengesetzte Richtungen ab. Der Ort ist wieder wie leergefegt.
Beim Abendessen die üblichen drei Verdächtigen, die woanders herkommen. Wir werden erkannt als die, die doch schon in Sougia waren. Noch ein Freundinnenpärchen, das aber per Boot gekommen ist. Der Israeli ist meinem Rat gefolgt und hat sich bei uns in der Pension einquartiert. Wir quasseln ein bisschen beim Essen. Die beiden Frauen sind auch mal den Via de la Plata gelaufen. Hm, irgendwie ist alles doch wieder ein bisschen wie Jakobsweg. Man nehme einen anstrengenden Pfad, der alle verbindet und ein paar kommunikative Menschen, die man mehr als einmal sieht. Schon keimt die Gemeinschaft auf. Das mag den Jakobsweg entmystifizieren, aber ich denke, genau das ist die Essenz. Ob der Weg nach Santiago, nach Trondheim, nach Sisimiut, Kanada oder an die Ostküste Kretas führt ist Nebenhandlung bzw. dafür irrelevant. Für mich hier und jetzt aber nicht. Ich bin wegen Kreta mit Frances hier... Und gerade im Moment wegen diesem herrlichen, bräunlichen Roten und das Fläschchen Raki, das es nach dem Bezahlen immer gibt. Und so kürze ich die Erzählung über die spannenden Erfahrungen auf ein "das ist eine seeeehr lange Geschichte" ab und gehe nochmal schwimmen unter der Milchstraße. Ich war noch nie nachts im Meer baden, leicht angetrunken .... und dann bei der Finsternis. Das wirkt so bedrohlich.