Etappen

29.09.2015 Namenlose Bucht bei Elafonisi

  

Diesmal habe ich den Wecker gestellt, um vor Sonnenaufgang aufzustehen und das Zelt abzubauen. Es war eine herrliche, aber unruhige Nacht im Zelt. Zwar bequem, aber am Meer schlafen kann lauter sein als man denkt. Da kann eine größere Welle bedrohlich nah wirken. Ich habe erst am Morgen realisiert, dass es hier keine erkennbaren Gezeiten gibt und ich ganz beruhigt sein konnte, dass wir nicht auf einmal im Wasser liegen :-)
Eine halbe Stunde und wir haben alles gepackt und machen uns auf, weiter in Richtung Elafonisi. Gegen 10 Uhr kriecht langsam die Sonne über die nördlichen Gebirgshänge und wir kriegen frühstückshunger. Jemand Jehatte unsere Bäuche knurren gehört und direkt vor uns eine Bar mit Frühstücksbuffet aufgebaut. Jaaaaa! Wir stürmen hinein....und finden uns zwischen etwas skeptisch schauenden Hotelgästen wieder. Oh... das ist eine Hotelbar, gegenüber der Straße klotzt ein kleines Appartmentgebirge samt Pool und Liegen. Ich bin hypnotisiert. Das sieht die Kellnerin und grinst nur, als ich sie frage, ob wir lieben Wandersleute nicht vielleicht..... Für 6 Euro pro Nase gehört der Pool und das Buffet uns. Himmlisch!!! Die Gäste sind alles Griechen, fällt mir auf, während wir unsere Fluxkompensatotren mit einigen Joghurtbechern mit Bananenscheiben und Honig samt frisch gepressten Orangensaft betanken. Auf der Straße weiter in Richtung Elafonisi sieht es anders aus. Jedes zweite Auto, das uns überholt, ist ein Mietwagen, meist mit jungen oder älteren deutschen Pärchen, die oft in aussichtsbelohnenden Kurven anhalten, um ein paar Handyschnappschüsse von der Landschaft einzufangen. Ich finde, sie verpassen viele Zwischenstöne hier.
Ein kaputtgeballertes Ortsschild und das abrupte Straßenende, gefolgt von einem Parkplatz voller Mietwagen, sowie einem umpfenden 90er-Jahre-Mix aus Bar-Boxen zeigt schließlich, wir sind scheinbar an einem Hotspot Kretas eingetroffen, wo alle hin müssen. Der Ort ist eher mickrig. Unten an der Küste hingegen tut sich eine weiträumige, türkisfarbene Lagune auf, die von einer kleinen Insel mit Leuchtfeuer abgeschlossen wird. Der schneeweiße Strand ist gespickt mit kleinen Palmenschirmchen und Liegen, Bademeistertürmchen und Bars. Es sieht aus wie ein hunderttausend Quadratmeter großes Schwimmbad. Alle sind hier, auch wenn es keine großen Hotelanlagen gibt, die die Küste verunstalten. Wir beide sind trotz der Menschen beeindruckt, denn es sieht tatsächlich wirklich schön aus hier. Die Menschen verlieren sich in dem großen Areal. Wir wollen auch baden in diesem maledivenartigen Atoll. Das Wasser hat geschätzte 25 Grad und wir legen uns einfach mitten rein.
Viele Liegen sind unbesetzt. Möglicherweise sieht es in der Hauptsaison ganz anders aus. Aber ich würde hier bei Hochsommerhitze nicht liegen wollen. Wir ziehen weiter entlang der Bucht, bis es felsig wird, und zu unserer Überraschung prangt dort auf einmal ein großes Schild über die nächsten 20 Km des E4. Das Buch sagt, es gäbe hier kaum Markierungen. 12 Jahre nach Buch sieht das völlig anders aus. Der Weg führt weiter durch ein Labyrinth scharfkantiger Felsbrocken. Allerdings weißen viele gelbschwarze Punkte den Weg hindurch. Dass dieser Ort in den 90ern wie die Papagayostrände auf Lanzarote als Geheimtipp angepriesen wurden, wird spätestens ab jetzt plausibel. Wir passieren einen teils dichten Wacholderwald, der von vielen kleinen Badebuchten abgelöst wird, an denen wir manchmal die ein oder anderen nackigen Pärchen antreffen, die hier in abgeschiedener Lage sicherlich nur ganz viel Schwimmen und dabei ganzkörperbraun werden wollen ;-)
Neben der paradiesischen Sicht, ist es für uns eher eine schweißtreibende und mühselige Angelegenheit. Es ist alles naturbelassen und grönländisch rauh, allerdings ohne Mücken. Dass uns ein paar Ziegen vormachen, wie es geht, demotiviert aber eher. Gegen Nachmittag ist die Energie verbraucht. Nach Palaiochora schaffen wir es nicht mehr. Wir tun es also den Pärchen gleich, schlagen unser Nachtlager in einer Bucht auf, planschen all day long 'till dusk und werden ganzkörper....roooooot!!! Das war definitiv zu viel Sonne heute. Bei so viel Wärme, wie wir ausstrahlen, brauchen wir heute nur das Innenzelt. Wir liegen im Zelt, essen zum Abendbrot einen griechischen Knuspersesamriegel. Der Himmel wird beim Sonnenuntergang kunterbunt. In der Ferne, bestimmt irgendwo bei Afrika, schiebt sich die Sonnenscheibe hinter eine gewaltige Wand aus Kumuluswolken, aus denen manchmal ein paar Wetterleuchten herausblitzen. Zu weit weg, um uns heute Nacht gefährlich zu werden, beschließe ich, sodass wir im Zelt Ausblick auf den Himmel und die Blitze haben. Und so verbringen wir die Nacht in unserem Millionen-Sterne-Domizil, über das irgendwann von den Bergen aus eine helle weiße Schlummerscheibe in einem perfekten Halbkreis hinwegfliegt, bis die gelbe Brennscheibe sie gegen 8 Uhr schließlich wieder verdrängt.