Blickwinkel Oliver

17.07.2015 - och mann Sóley...

  

Der letzte Tag, bevor es morgen um 4 Uhr in Richtung Busterminal zum Bus in Richtung Keflavik Flughafen geht. Das letzte, abgesehen von der Bahn von DUS zurück nach Paderborn, das an den vielen Dutzend Planungen, die die Reise umfasst hat, noch aussteht. Aber da wird ganz ganz bestimmt nicht gestreikt. Wir fliegen mit WOW Air. Die armen Stewardessen... Und die Stewards erst! Die müssen alle ein freshes Pink als Anzug und Hose bzw. Rock tragen. Yeah, Barbie Airways. Die werde ich sowas von ablichten, muhahaaarrrr! Doch es sind noch 4 Stunden, bis wir aufstehen müssen. Schlafen... kann ich jetzt noch nicht. Zu früh. Also sitze ich noch im Kex in einen der fetten, abgeranzten Sofas und genieße die Atmosphäre in der Abendsonne. Eine Amerikanerin spricht mich an. Ob ich Luna Sandalen an hätte. Hm, da ist tatsächlich ein Halbmond auf dem Riemen zwischen den Zehen. Ja und? Woah, ich wäre wohl auch so einer, der barfuß durch die Gegend wandert und die Sandalen anzieht, wenn es mal steinig und eisig wird?! Sie hätte die Dinger bislang nur bei Extremos auf dem PCT gesehen. Ich gucke etwas schräg drein. Dass ich so gut in eine Schublade passe, hätte ich nicht erwartet. Dabei wollte ich da garnicht hin. Sie will sich die Dinger unbedingt mal anschauen. Ich geb sie ihr. Ja, ich laufe ohne Schuhe. Zwar nicht den PCT, aber den ACT und nein, ich habe nie Probleme mit nassen Schuhen, Stinkesocken, Umknicken, Blasen, blutigen Stellen, Kälte, entzündeten Sehnen oder Zehennägelausfall. Die menschlichen Laufaggregate können das alles kompensieren, wenn man es ihnen einfach nur zutraut. Gut, auf der Strecke, als wir kilometerlang durch Eisfelder und scharfkantiges Lavagestein staksen mussten, hatte ich die Tewas und beim Abstieg auch die Neoprensocken an. Ich hab lediglich Pflaster gebraucht, wenn mich mal wieder ne Kriechweide gepiekst hat. Das war die letzten 2000 km Jakobs- und Olavswege nicht anders. Ich halte das ach so gute Schuhwerk für überbewertet, solange die Temperaturen über 0 Grad liegen. Und wie es aussieht, stecke ich damit in einer Schublade mit anderen komischen Leuten aus Seattle, angeführt von einem ominösen Guru namens Barefoot Ted. Oh mann, die Amis brauchen auch gleich immer den revolutionären Touch samt Sektenführer, der die Jünger zusammenschweißt in der gemeinsamen Lunasandalsbewegung, um mal was anderes zu probieren. Man könnte auch sagen, ich habe sowas wie IPhones an den Füßen. Auch mal nett zu wissen. Dabei ist die Art von Sandalen hunderte Jahre alt und sie nennen sich Huachares in Mexiko. Ich fand einfach, die sehen schöner aus als die normalen Trekkingsandalen ohne jedweden ästhetischen Reiz. Aber geh mir wech mit Revolution. Das hat die Evolution vor ner Millionen Jahre schon ganz gut hinbekommen, ganz ohne Barefoot Ted. Der macht damit jetzt nur richtig gutes Geld. Die Amerikanerin verabschiedet sich. 0 Uhr, die Sonne ist nun weg. Morgen ist es das erste mal seit 3 Wochen wieder dunkel für mich. Ich brauche das nicht. Ich mags hell. Ich liebe die langen Sommer. Eben in der Stadt hab ich mir noch mein kleines Träumchen erfüllt und bin mit Frances ins 12 Tónar gezogen, um zu schauen, was im den letzten drei Jahren an isländischer Musik rausgekommen ist, die man nur schwer bei uns bekommt. Drei Stunden später hab ich einen Sack voll Klangrillen auf schwarzen Scheiben in einer grauen Tüte und bin glücklich. Die Isländer können einfach kreatives Zeug machen, ich bin glatt neidisch. Morgen kommt Sóley, Rökkurró und viele andere Bands ins KEX Konzert geben. Oh mann Sóley... und wir fliegen einfach weg!! Hätte ich das nur vorher gewusst. Ach ja, ich habe den größten Ich-war-hier-geocache ever gefunden! Und da war ja auch noch das Phallusmuseum. Jaaa, eine Sammlung Penisse wie im Schulbiolabor. Dabei gäbe es so spannende Geschichten über die Bedeutung, Kulturen, Geschichten, Orgasmen oder wasweißich über das Thema zu lesen. Nein, es war lediglich eine visuelle Dschungelcampprüfung und für die daheimgebliebenen Eltern der zwanzigjährigen Amikinder die Ultimate Odd Experience, bei der alle peinlich berührt an zu kichern anfangen iiiihihihiiii. Aber immerhin stand ich neben einem 2 Meter langen Blauwalpenis und hab mir einen Hamsterpenis durch die Lupe angesehen, sowie Spazierstöcke aus Giraffenpenisen und Deckenlampen aus felligen Hodensäcken. Frances musste mal raus. Ich wollte am liebsten mein Geld zurückfordern. Danach gab's Trostsoftice... Bei so herrlich blauem und mit 17 Grad ungewöhnlich warmem Wetterchen.

Ich freue mich aufs Heimkommen. Das war die letzten Male nicht so. Ich denke es liegt daran, dass zu Hause endlich mal alles in Balance ist. Das war privat wie beruflich vor 3 Jahren alles doch in einer argen Schieflage und es dauerte eine Zeit und ein paar drastische Impulse lang, bis sich alles gerichtet hat. Und jetzt wartet ein Kätzchen zu Hause :-) Das darf nicht länger warten müssen!!

Das KEX leert sich. Die Bühne für morgen wird aufgebaut... HEUL! Ich werde müde. Kaum zu glauben, dass wir vor kurzem noch in Kriechweiden steckten. Man gewöhnt sich schnell an diesen völlig anderen Lebensrhythmus. Ich fühle mich geistig komplett defragmentiert und freue mich auf Alltag, man solls kaum glauben. Obs noch ne Woche länger sein könnte? Ich bin voll von Eindrücken - auf keinen Fall! Fehlen nur noch die pinken WOW-Stewards morgen... Hände reib...