Blickwinkel Oliver

29.06.2015 - ACT Tag 2

  

Wir liegen in unseren Zelten. Bzw. Ich sitze noch und schreibe was. Heute übernachten wir auf einer Bergkuppe. Wir lernen schnell dazu hier draußen. Gestern nach dem Schreiben hab ich noch eine Weile wach gelegen und mir wegen der kommenden Tage Sorgen gemacht, hauptsächlich ob das Mückenspray auch hält. Eine weise Eingebung sagte mir gestern morgen, ich möge doch trotz der geschmeidigen 139 Kronen doch noch ein drittes Fläschchen Antimückenspray kaufen. Das war weise von mir. Götter sind Weise. Ihr dürft mich auch anbeten, liebe Mücken, aber bitte aus unerreichbarer Distanz, wie es sich für einen Gott gehört. Ich habe ja die Hoffnung, sie konvertieren während unserer Tage hier zu irgendeiner anderen Religion, wenn sie sehen, wie ihre blutvollgesaugten Artgenossen einfach geplättet werden. Oder sind das Opfergaben? Wie dem auch sei, der Kult um uns beide ist glücklicherweise unterschiedlich weit verbreitet, wie die heutige Etappe entlang vieler Seen gezeigt hat. Wind ist so wichtig. Ist Wind da, sind die Mücken weg. Mir viel auf, dass wir uns nach ein paar Stunden mit der Situation stillschweigend arrangiert hatten. Ich war regelrecht erstaunt, als meine Gedanken sich auf einmal nicht mehr nur um das eine Thema drehten. Der Geist fängt irgendwann damit an, die Situation auf Normal zu justieren. Mich erleichtert das sehr. Es hat sich kaum etwas geändert, aber auf einmal erträgt man es. Jede Kuppe mit Wind ist wie ein Wetterschutzhäuschen bei Platzregen. Das Spray der Regenschirm. Und wenn wir eine lange Pause machen wollen, müssen wir uns daran gewöhnen die Innenzelte aufzustellen. Dennoch gibt es einen Ort, um dem zu entfliehen: die Seen. Sie sind meist tief. Es ist so herrlich darin banden zu gehen und sich das Wasser gleich in den Rächen laufen zu lassen wie ein Blauwal bei geschätzten 15 Grad Wassertemperatur und 30 Grad Luft. Dennoch sind wir entschlossen den Weg zeitlich zu verkürzen und heute zwei Etappen zu laufen. Fast am Ziel auf einer Bergkuppe kommt uns eine Amerikanerin entgegen. Sie erzählt, sie kommt gerade aus Sisimiut zurück und wäre letzte Woche den Weg dorthin gelaufen... Bei 5 Grad, Schnee und zugefrorenen Seen. Man hätte knietief im Wasser gestanden. Das scheint unmöglich, deckt sich aber mit der Aussage vom Wetterbericht vor zwei Wochen. Hm, haben wir jetzt Glück? Keine Ahnung, ist eh nicht zu ändern. Die Info, die Schutzhütte mit 4 Schlafplätzen vor uns wäre mit 4 Grönländern, 4 Dänen und ein polnisches Pärchen belegt hat uns erstmal an Ort und Stelle unsere Zelte aufschlagen lassen. Die müssen alle am Samstag mit uns gekommen sein. Wir wollen Ihnen jedenfalls nicht begegnen und beschließen die Hütte morgen zum Frühstück aufzusuchen und dort auch zu baden. Es soll jetzt auch nicht mehr so swampy werden sagt die Frau. Hier oben ists schön windig, wir haben einen phänomenalen Ausblick... Und ich kann erstmal meine superstylischen Solarpanele ausbreiten. Soooo... zur Sonne ausrichten... Handy dranstöpseln... "Voll in 1 Stunde 14 Minuten" sagt das Gerät beim Einsaugen dieses vorzüglichen Ökostroms. Ich bin platt. Also der Akku hat 3000 mAh #rechne rechne# und der Akku ist halb voll... das sind 8,5 Watt. Wow!!! Boah!!! Frances guck mal!! "Das hast du fein gemacht, lieber Oliver" Hmpf... Trotzdem Wow. Frances interessiert eher das Gegenteil: "Wenn die Sonne mal eiiinmal weggehen würde, dann wärs wenigstens mal kälter!" ...... der Satz auf Grönland.